Seidl wurde am 24. August 1911 in Tulln/Niederösterreich geboren. Sein Vater, der im 1. Weltkrieg ums Leben kam, arbeitete als Friseur, seine Mutter später im Bundeskanzleramt. Seidl verbrachte als Kind in den Jahren 1920/1921 sieben Monate in Dänemark. Er pflegte Kontakt zu einem jüdischen Onkel, der Kantorist und später Eigentümer eines Briefmarkengeschäftes war. Nach dem Anschluss Österreichs an das Reich kehrte sein Onkel nicht mehr aus der Tschechoslowakei zurück, wo er sich gerade auf Geschäftsreise befand. Seine Frau, Seidls Tante, ließ sich 1939 offiziell scheiden.
Seidl beendete die Oberschule und studierte drei Monate an der juristischen Fakultät, dann musste er das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen. Am 15. Oktober 1930 trat er der NSDAP bei, wo er die Mitgliedsnummer 300.738 erhielt. Von September 1931 bis Mai 1932 war er in der SA tätig. In diesem Zeitraum bekleidete er den Posten eines Sprengelleiters in der Ortsgruppe Brigittenau. Am Tage seines Austritts aus der SA wurde er unter Nr. 46.106 Mitglied der SS, und zwar im Range eines SS-Scharführers. Nachdem diese Organisation im Juni 1933 verboten worden war, hörte er auf, in der SS-Formation öffentlich tätig zu sein, er ging in die Illegalität. Er widmete sich eigenen Angaben zufolge dem Studium und gab Nachhilfestunden. Am 24. Februar 1934 wurde er zum Hauptscharführer der SS befördert. Dem an den SS-Abschnitt XXXI adressierten Gesuch um seine Beförderung zum SS-Untersturmführer und zum Führer im Stab des Sturmbannes III/11 vom 4. Juli 1939 kann man folgende Bewertung entnehmen: „Seidl ist ein alter verdienter Kämpfer, der sich schon viele Jahre für Partei und Schutzstaffel einsetzte und daher als Fahnenträger des SS-Sturmbannes III/11 im höchsten Maße als geeignet erscheint.“
Von September 1932 bis Mai 1933 arbeitete er als Heizer im Bundeskanzleramt, seine Mutter hatte ihm diese Stelle verschafft. Im Jahr 1935 verlobte er sich mit Elisabeth Stieber. Die beabsichtigte Hochzeit musste vom SS-Rasse– und Siedlungshauptamt in Berlin bewilligt werden. Diese Bewilligung blieb zunächst aus, da Seidl die dafür erforderlichen Unterlagen und Abstammungsnachweise nicht erbringen konnte. Er erklärte sich daraufhin zu einer Rassenuntersuchung bereit, die sein „vollkommenes Ariertum“ bestätigen sollte. In einem Brief vom 22. September 1938 erklärt Seidl seinen Standpunkt: „Ich bin der Auffassung, daß ich entweder voll und ganz Angehöriger der SS bin oder gar nicht (.....). Gelingt mir dies nicht oder vermag ich aufgrund einer rassischen Untersuchung keine einwandfreie erbgesundheitliche Beurteilung zu erlangen, habe ich eben pflichtgemäß die Folgerungen aus der Tatsache zu ziehen. Die SS stehen mir zu hoch (....) als daß ich sie mit einem minderwertigen Angehörigen belasten könnte. Es wird für mich eine Lebensaufgabe sein, einen vollkommen einwandfreien Abstammungsnachweis zu erbringen.“
Später wurde dieser "Mangel" Seidls nicht mehr erwähnt.
Am 2. März 1939 heiratete Seidl Elisabeth Stieber, die vorher als Lehrerin in einem Kindergarten gearbeitet hatte und Mitglied der NSDAP, der NS-Frauenschaft und Förderndes Mitglied der SS war. Im August 1938 war sie aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Nach dem Anschluss Österreichs wurde Seidl zum Proviantreferenten der 11. SS-Standarte, die im Burgenland ansässig war. Im April desselben Jahres legte er seine Dissertationsarbeit zur fachlichen Beurteilung vor. Er verließ das Burgenland bald wieder und wurde bis August 1938 als Beamter beim Dünnrohrverband in Wien angestellt.
Am 10. September 1939 wurde er dann zum SS-Untersturmführer befördert und bekleidete die Funktion eines Adjutanten beim III. Sturmbann der 11. SS-Standarte. Der Befehlshaber der 11. SS-Standarte Brexmann und weitere sechs SS-Offiziere bürgten für Seidl. Bis zum 31. Dezember 1939 arbeitete Seidl als Wachdienstleiter in der Betriebswache der Fabrik Austro-Fiat Flugmotoren GmbH in Wien-Florisdorf, dann trat er noch im Dezember 1939 seinen Dienst als Inspekteur der Sicherheitspolizei (SIPO) und des Sicherheitsdienstes (SD) in Wien an. Am 1. Januar 1940 wurde er in die Wiener Zentralstelle für Jüdische Auswanderung übernommen und fuhr nach Berlin, wo er sich im Referat IVB4 des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) bei seinem Vorgesetzten Adolf Eichmann zu melden hatte.
Unter der Schirmherrschaft der Wiener Zentrale wurde er noch im Januar 1940 dem SD-Leitabschnitt Posen zugeteilt. Er trat an der dortigen Umwanderzentralstelle seinen Dienst an, die für die Aussiedlung der Polen und Juden aus den neu angegliederten Reichsgebieten in das Generalgouvernement zu sorgen hatte. Hier begegnete er zum ersten Mal Hermann Krumey, der nicht nur in Posen, sondern später auch in Wien sein Vorgesetzter sein sollte.
Während seiner Tätigkeit in Posen beantragte die zuständige Dienststelle in Wien seine Beförderung zum SS-Obersturmführer. Sein Wiener Vorgesetzter führte in der Begründung des Gesuchs an: „ Seidl ist ein zuverlässiger Mitarbeiter und Kamerad, der seinen Dienst in jeder Weise gewissenhaft und einwandfrei versieht. Seinen Mitarbeitern ist er jederzeit ein Vorbild.“
Nach einem zweimonatigem Studienurlaub und dem Besuch eines Kurses in Berlin, schloss er sein Studium an der Philosophischen Fakultät der Wiener Universität mit dem Rigorosum ab. Thema: „Die Hauptlinie der Eizinger in Österreich“. Gleich danach reiste er nach München und weiter nach Rom, wo er an eine italienische Schule für Ansiedler gesandt wurde. Am 26. Februar 1941 beantragte der Chef des RSHA beim SS-Personalamt die Überführung des Untersturmführer Seidls aus der Allgemeinen SS in den Sicherheitsdienst des Reichsführers. Diesem Antrag wurde entsprochen und am 1. April 1941 wurde Seidl in die Zentralstelle übernommen. Am 20. April erfolgte seine Beförderung zum Obersturmführer, im selben Monat wurde er in den Stab des Umsiedlungsamtes Untersteiermark in Maribor entsandt, wo er für die technische Seite der Umsiedlung der Slowenen zuständig war. Diese Stelle bekleidete er bis zum Oktober 1941.
Am 30. Oktober 1941 wurde er von Eichmann mit der Errichtung des Ghettos Theresienstadt beauftragt. Bereits am 31. Oktober meldete sich Seidl bei Hans Günther in Prag und reiste am gleichen Tag weiter nach Theresienstadt, um mit den dortigen Wehrmachtsstellen die Räumung der Kasernen zu besprechen. Seidl gab seine Befehle in Bezug auf das Aufbaukommando, das zur Einrichtung des Ghettos nach Theresienstadt entsandt werden sollte, an die jüdische Kultusgemeinde weiter. Er führte im November 1941 jedoch auch schon Gespräche mit Vertretern der Gemeinde Theresienstadt. Die Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde waren völlig von den Beschlüssen Seidls abhängig, der am 19. November verkündete, daß das Aufbaukommando (AK) am 24. November um 12.00 Uhr in Theresienstadt einzutreffen habe. Seidl erkundigte sich noch am 24. November bei Ing. Zucker, ob es im AK auch einen Spezialisten für Eisenbahntrassierung und einen Straßenbauspezialisten gäbe.
Anfang Dezember verlegte Seidl seinen Amtssitz von Prag nach Theresienstadt. In Zukunft legte er Wert darauf, mit „Herr Lagerkommandant“ angesprochen zu werden. Augenzeugen berichten, dass es sich bei Seidl um einen gutaussehenden und schlanken jungen Mann handelte. Seidl war Musikliebhaber, wusste fachmännisch über Musik zu sprechen und war ein begeisterter Philatelist. Mit Vorliebe besprach er mit seinen Untergebenen militärische Fragen, Strategie und Taktik waren sein Hobby. Seidl lebte mit seiner Familie in einer Dreizimmerwohnung des Hotels Viktorias (heute Parkhotel) und er lebte nicht schlecht, besaß ein Reitpferd, einen Sportwagen und einen Mercedes-Dienstwagen und ging gerne zur Jagd. Für seine Kinder ließ er sich von Häftlingen kleine Wägelchen bauen, die von Zicklein gezogen wurde. Dabei wurden sie von zwei jüdischen Frauen betreut. Weil er seiner Frau zu Weihnachten einen teuren Pelzmantel aus jüdischem Eigentum schenken wollte, scheute er nicht davor zurück, seine Pistole zu zücken, um diesem Wunsch durchzusetzen.
Seine Amtsgeschäfte pflegte er bis August 1942 im Gebäude der ehemaligen Divisionskommandantur (L 414), danach siedelte er in das Gebäude der ehemaligen Sparkasse um (Q 414 und Q 416). Zutritt zum Kommandanten hatte lediglich der Judenälteste oder sein Stellvertreter, ab und zu auch Dr. Karl Löwenstein, der Leiter der Ghettowache. Seine Befehle erteilte er in mündlicher Form. In seinem Büro hingen sechs Tafeln, für jede Abteilung des Ältestenrates eine, auf der täglich die aktuelle Lage der Abteilung von einem Häftling eingetragen werden musste. Ab Herbst 1942 musste Ing. Zucker einmal die Woche über die durchgeführten und geplanten Freizeitaktivitäten berichten. Die Arbeit der Häftlinge nutzte er auch privat und ließ sich z. B. einen zusammenklappbaren Stammbaum über 13 Generationen für seinen Privatgebrauch herstellen.
Dem Lagerkommandanten Seidl standen in Theresienstadt ein Personal von 54 "arischen" Personen zur Verfügung, davon lediglich 10 bis 11 SS-Angehörige, das andere waren Zivilisten. Am Ende seiner Ära waren es 16 SS-Angehörige. Die Abteilungen der jüdischen Selbstverwaltung bekamen von ihm je einen Referenten der Kommandantur zugeteilt. Obwohl Seidl mit Elisabeth Stieber verheiratet war und mit ihr drei Kinder hatte, pflegte er in Theresienstadt die Beziehung zu einer Geliebten. Elisabeth Schuel war in der Theresienstädter Telefonzentrale tätig. Im Ghetto befand sich nämlich eine Telefonzentrale, über die alle Verbindungen mit der Kleinen Festung gingen. Der Fernschreiber allerdings befand sich in der Kleinen Festung.
Die zuständige Gestapodienststelle hatte den telegraphischen Bericht über die Abfertigung eines Transportes nach Theresienstadt an das Referat IVB4 des RSHA, an die Prager Zentralstelle für jüdische Auswanderung und an die Leitstelle der Staatspolizei in Prag - Polizeigefängnis in Theresienstadt zu senden, verbunden mit der Bitte, ihn dem SS-Obersturmführer Seidl vorzulegen.
Seidl hat sich sicherlich, wie andere Angehörige der Kommandantur auch, an den Häftlingen bereichert. So tolerierte er die Tätigkeit der Lautscher Werke nach Erhalt einer kleinen Schenkung, obwohl er Bescheid wusste, dass die Gemahlin Perschkes jüdischer Herkunft war. Angehörige der Gendarmerie berichteten später in Zeugenaussagen, dass er Angst vor Spitzeln der Gestapo hatte. So misstraute er dem Wirtschafter der Kommandantur, Claussen, und soll sich nach einer Zecherei in der Kantine der Kleinen Festung sogar im angetrunkenen Zustand mit ihm gerauft haben.
Seidl hatte großen Einfluss auf die Erstellung der ersten Lagerordnung. Er konnte die vom Schiedsgericht der Selbstverwaltung gefällten Urteile billigen oder ablehnen, er sprach Strafen aus, wenn er Personen beim Rauchen oder beim Lesen eines Buches während der Arbeitszeit erwischt hatte und war dabei sehr willkürlich. Er verhängte Gefängnisstrafen oder auch Stockhiebe. Unter anderem beglich er auch persönliche Rechnungen. So ließ er Arthur Müller, der mit dem 13. Transport aus Wien nach Theresienstadt kam, so schwer misshandeln, dass er wenige Tage später starb. Müller hatte eine Rolle bei dem Verkauf der Mühle seiner Eltern gespielt. Seidl verhängte nicht nur Individual- sondern auch Kollektivstrafen, verhängte z. B. eine Lichtsperre oder Heizsperre, was sich besonders tragisch auf die Situation der alten und kranken Häftlinge auswirkte. Personen über 70 Jahre wurden auf seine Anordnung hin im Reinigungsdienst eingesetzt. Seidl übergab Häftlinge, die sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hatten, an die Kleine Festung (was oftmals einem Todesurteil gleichkam), oder er sorgte dafür, dass sie in den nächsten Transport nach Osten gesteckt wurden.
In einem Befehl vom 21. Dezember 1941 hatte Seidl angeordnet, dass das Einkaufen von Juden in arischen Geschäften verboten war und sämtlicher Tabak abgegeben werden müsse. Uniformträger mussten gegrüßt werden.
Verstöße gegen diese Auflagen wurden fortan mit 10 Stockschlägen geahndet. Seidl ließ den ihm unterstellten SS-Angehörigen freie Hand bei der Terrorisierung der Juden. Als der von der Kommandantur angestellte Wagenlenker Cserba im Holzlager des Ghettos einen Juden im Streit erschoss, erfolgte nichts. Augenzeugen berichteten im Prozess später, dass in Seidls Amtszeit oftmals verletzte Häftlinge oder auch Särge aus dem Bunker unter der Kommandantur weggetragen worden seien.
Bei der Gerichtsverhandlung gegen Seidl spielten vor allem auch die Anfang 1942 im Ghetto durchgeführten Hinrichtungen eine Rolle und die Frage, welche Funktion Seidl dabei hatte. Da zu diesem Zeitpunkt noch tschechische Zivilbevölkerung in Theresienstadt wohnte, war es relativ leicht, das Postverbot zu umgehen und illegal Briefe nach draußen zu befördern. Als immer mehr Personen erwischt wurden, forderte Günther von der Zentralstelle in Prag von Seidl einschneidende Maßnahmen. Seidl ließ die Häftlinge der Sudetenkaserne antreten und forderte diejenigen, die gegen die Lagerordnung verstoßen hatten, auf, sich freiwillig zu melden, es würde ihnen nichts geschehen. Die Häftlinge, die dies glaubten und sich meldeten, wurden jedoch gleich danach in den Bunker unter der Kommandantur geführt. Das Todesurteil, so Seidl, sei dann von Günther aus Prag angeordnet worden. Bei den Hinrichtungen wurde der Ältestenrat gezwungen, anwesend zu sein. Seidl befahl die Tötung eines nach dem Erhängen noch lebenden Häftlings. Der Postverkehr wurde in eingeschränkter Form erst im Februar 1942 wieder von Seidl erlaubt. Die Unterlagen über die Hinrichtungen wurden von Rahm im November 1944 im Hof der Sudetenkaserne verbrannt.
Seidl war es, der nach dem Attentat auf Heydrich und der Ermordung der Lidicer Männer ein Arbeitskommando aus Theresienstadt nach Lidice brachte, 30 Männer, die das Massengrab schaufeln mussten, in das die Leichen der Lidicer Männer geworfen wurden.
Augenzeugen berichten, dass Seidl in der Regel bei der Ankunft von Transporten in Theresienstadt anwesend war und nicht selten Peitsche oder Stock benutzte, um die Häftlinge zu größerer Eile anzutreiben. Vielen schwerkranken Menschen vor allem aus den Wiener Transporten verweigerte er Trinkwasser oder Nahrung. Seidl verhängte ein Ausgangsverbot für bestimmte Straßen und Plätze, wenn ein Transport angesagt war. Den blinden Kriegsinvaliden Oskar Löwy schlug Seidl mit einer Reitpeitsche und versetzte ihm einen Faustschlag, so dass seine Augenprothese zerbrach. Er hatte Seidl gefragt, ob er sein Gepäck mit in die Schleuse nehmen dürfe.
Seidl bekam die für die Transporte benötigten Angaben von der Zentralstelle in Prag, überließ die Zusammenstellung der Transporte aber dem Ältestenrat. Der konnte jedoch nur nach den vorgegebenen Richtlinien vorgehen, was oftmals in großer Eile geschehen musste.
Seidl war auch bei den Abfertigungen dabei und verhielt sich dabei völlig unberechenbar. Einmal regte er sich darüber auf, dass auf der Transportliste ein sog. "Mischling" stand, was gegen die Vorschriften war, ein anderes Mal trieb er eine zufällig ihm im Weg stehende und nicht auf der Liste stehende Frau mit der Reitpeitsche in den Waggon. Als im Herbst 1942 Tausende von alten Leuten im Ghetto starben, kommentierte Seidl das mit den Worten „Die Uhr geht richtig“.
Laut Aussage einer Zdenka Langerová, die in der Transportabteilung Hilfsarbeiten erledigte und der Einwaggonierung von alten und kranken Häftlingen beiwohnte, wurden viele Häftlinge auf ihrem Marsch nach Bohušovice totgeprügelt und in die Waggons mit den anderen Häftlingen geworfen, wenn sie ihm nicht schnell genug marschierten. Als Langerová einer 70Jährigen den Koffer tragen half, bekam sie von Seidl eine Ohrfeige und die Bemerkung, die Frau könne den Koffer selbst tragen.
Als im letzten Transport des Jahres 1942 (der erste nach Auschwitz) 134 auf der Liste geführte Personen nicht antraten, verhängte Seidl eine Strom- und Ausgangssperre.
Im September wurde ein Gesuch um Beförderung Seidls zum SS-Hauptsturmführer beim RSHA gestellt. SS-Standartenführer Erich Weinmann (Prag) hatte dieses Gesuch unterschrieben und begründete es mit Seidls Verdiensten als Kommandant des Ghettos Theresienstadt. Seidl sei, so Weinmann, von offenem und ehrlichem Charakter und weltanschaulich gefestigt. Der Bitte um Beförderung, für die sich auch Eichmann einsetzte, wurde am 9. November 1942 entsprochen.
Um die Jahreswende 1942/43 wurde von Eichmann eine neue Zusammensetzung des Ältestenrates gefordert, wonach die aus Prag, Wien und Berlin stammenden jüdischen Repräsentanten berücksichtigt werden sollten. Am 28. Januar wurde der im Ghetto allseits beliebte Edelstein durch Eppstein (aus Berlin) abgelöst. Den Häftlingen wurde dies im Tagesbefehl Nr. 182 am 31. Januar 1943 bekanntgegeben. Edelstein wurde wenige Monate später mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert und dort erschossen. Am 28. Juni 1943 besuchte eine Delegation des Roten Kreuzes unter Beteilung Eichmanns das Ghetto. Die Delegation, die nur Prominentenquartiere besichtigte, kritisierte anschließend Unterbringung und Ernährungslage, was vom RSHA Seidl angekreidet wurde. Seidl verließ im Juli 1943 das Ghetto und wurde nach Bergen-Belsen versetzt. In seinem Gerichtsverfahren sagte er aus, er hätte den Grund für seine Versetzung nie erfahren. Er sei jedoch der Meinung, dass der Konflikt mit einem Untergebenen (von dem er geohrfeigt worden war) den Ausschlag gegeben hätte. Man hätte ihm den nötigen Respekt abgesprochen.
Unter Seidls Kommandantur wurden 121.083 Personen nach Theresienstadt deportiert, 24.864 Personen starben dort, 16 Personen wurden ohne ordentlichen Gerichtsprozess hingerichtet, 21 Personen konnten aus dem Ghetto fliehen, 43.875 Personen wurden aus Theresienstadt in den Osten[nbsp] deportiert. Nur 248 Personen überlebten die unter Seidls Kommando organisierten Transporte in den Osten.
Anfang Juli 1943 wurde Seidl ins KZ Bergen-Belsen[nbsp] berufen. Nachdem er am 3. Juli das Ghetto Theresienstadt an Burger übergeben hatte, stellte er sich am 6. Juli in Bergen-Belsen ein. Seidl wurde in diesem Lager zum Lagerinspektor, das heißt, zum Chef der Gestapo bestimmt. Zur Zeit seines Eintreffen befanden sich in diesem im Aufbau begriffenen Lager etwa 400 Häftlinge. Seidl war insbesondere für die Juden aus Südamerika und Spanien zuständig, die als Austauschobjekte in Frage kamen und bevorzugt behandelt wurden. Seidl soll während dieser Zeit Personalunterlagen dieser Häftlinge zerrissen und etliche Häftlinge auf Auschwitzlisten gesetzt haben.
Aus Bergen-Belsen wurde Seidl ins KZ Mauthausen abberufen, um dort an der Vorbereitung für Eichmanns Sondereinsatzkommando (SEK) teilzunehmen, dessen Aufgabe es war, den ungarischen Behörden bei der Erfassung, Konzentrierung und Deportation der Juden in die Vernichtungslager Hilfe zu leisten. Als Offizier der Sicherheitspolizei kam Seidl am 19. März mit der 58. Panzerdivision nach Budapest. Mit dem Kommando EK 5 kam er zunächst nach Erlach und dann nach Debrecen, der drittgrößten Stadt Ungarns, in der im Januar 1941 etwa 9.142 Juden lebten (5 % der Gesamtbevölkerung). Seidls erste „Schutzaktion“ bestand in der Beschlagnahmung von Wertsachen und Möbeln, die alle in die Handelsschule transportiert werden mussten, in der Seidl auch Quartier bezogen hatte. Diese Gegenstände ließ er später nach Wien transportieren. In dieses Gebäude wurden auch die Juden gebracht, die seinen Anweisungen nicht Folge geleistet hatten. Überlebende sprechen von Folter, die hier ausgeübt wurde.
Zu Ostern 1944 wurde Seidl in das Hauptquartier Eichmanns nach Budapest versetzt. In Folge wechselten die Einsatzorte Seidls, seine Aufgabe blieb die gleiche: Konzentrierung der Juden, Beschlagnahmung ihres Vermögens. Schließlich landete er wieder in Debrecen, wo er wiederholt Juden misshandelte, sich tägliche Schutzgelder in Höhe von 50 – 100.000 Pengö auszahlen ließ, Gelder, die er nicht an seine Vorgesetzten abführte. Am 21. Juni 1944 wurden unter seinem Befehl alle Juden der Stadt in eine Ziegelei gebracht. Fünf Tage später begannen die Transporte, bis auf zwei gingen alle nach Auschwitz-Birkenau, wo die Ankommenden sofort ermordet wurden. Am 9. Juli 1944 wurde Seidl nach Wien abberufen.
Seidl wurde zum Vertreter des Sondereinsatzkommandos Wien ernannt. Hermann Krumey wurde zu seinem Vorgesetzten, zu dieser Zeit bereits Obersturmbannführer. Für knapp einen Monat verließ er Wien, ging als Verbindungsoffizier zur ungarischen Gendarmerie nach Budapest und kehrte im September 1944 wieder nach Wien zurück.
In Wien beaufsichtigte Seidl den Arbeitseinsatz ungarischer Juden, die laut Eichmann auf „Eis gelegt“ worden waren. Er gab den Befehl weiter, dass auch Kinder über zehn Jahren zu schwerer körperlicher Arbeit eingesetzt werden sollen. Alte und kranke Juden wurden auf Befehl Seidls nach Laxenburg und von dort in die Vernichtungslager gebracht. Von den ursprünglich 15.000 in Österreich „geparkten“ Juden, blieben schließlich nur noch 6.000 übrig. Den zuckerkranken Häftlingen verweigerte Seidl das lebenswichtige Insulin mit dem Hinweis, dass dieses Medikament selbst der Wehrmacht nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung stand, den intervenierenden Arzt (Dr. Tuchmann) wollte er nach Auschwitz schicken.
Noch im März 1945 wurden Transporte ungarischer Juden nach Theresienstadt abgefertigt.
Als die Rote Armee näher rückte, bekam Seidl den Auftrag, sich mit sieben, acht Männern nach Niederösterreich zu begeben, um die sich dort aufhaltenden Juden nach Theresienstadt zu bringen.
Hier ordnete er (in Kottes) die Hinrichtung von zwei Häftlingen an.
Nach der Kapitulation zerfiel seine Gruppe. Seidl setzte sich ab und versuchte seine Familie zu finden. Dabei überschritt er ohne Genehmigung die Demarkationslinie. Er gelangte (mit einem Passierschein der britischen Behörden) nach Klagenfurt, gelangte über Salzburg und Linz nach Wien und kam bei einer Tante unter. Am 30. Juli 1945 wurde er um 21.45 Uhr von der Staatspolizei verhaftet. Ein Dr. Tuchmann, der Tuchmann, den Seidl nach Auschwitz schicken wollte, zeigte ihn an. Die österreichischen Behörden lehnten eine Auslieferung an die Tschechoslowakei ab und klagten Seidl an. Der Prozess wurde zwischen dem 26. September und 3. November 1946 in Wien durchgeführt. Zunächst wollte Seidl nicht aussagen und berief sich nur auf seinen Befehlsnotstand. Erst am 2. Oktober brach er sein Schweigen und gestand seinen „Anteil an den Unmenschlichkeiten“. Zu den Hauptanklagepunkten gehörten vor allem die im Ghetto am 10. Januar und 27. Februar durchgeführten Hinrichtungen. Hier wurde Seidl allerdings nur Mittäterschaft vorgeworfen. Hauptschuldiger sei die Prager Zentralstelle für Jüdische Auswanderung gewesen. In der Urteilsverkündung wurde ihm die Angehörigkeit zur SS in den hohen Offiziersfunktionen zur Last gelegt, des weiteren die Verletzungen der Menschenwürde während seines Kommandos im Ghetto Theresienstadt von 1941 - 1943, sowie während seiner Tätigkeit in Wien 1944 und 1945. Seidl wurde zum Tode verurteilt und am 4. Februar 1947 , um 6.00 Uhr hingerichtet.