Mauthausen / Konzentrationslager

Nach dem Anschluß Österreichs im März 1938 wurde nahe der oberösterreichischen Gemeinde Mauthausen ein KZ errichtet, in dem seit August 1938 vor allem politische Gefangene inhaftiert waren. Neben dem Hauptlager gab es über 30 Außenlager, von denen die meisten im Jahr 1944 errichtet wurden, die letzten im März 1945. Seit 1941 internierte die SS Tausende von Juden aus den Niederlanden, der Tschechoslowakei und Ungarn in Mauthausen. Von Januar 1945 an wurden jüdische Häftlinge aus Auschwitz nach Mauthausen deportiert. Die Zahl der Häftlinge in Mauthausen wird auf über 200.000 geschätzt, zwischen 110.000 und 120.000 kamen ums Leben. Am 5. Mai 1945 befreiten US-Truppen die Häftlinge.

Das Lager Mauthausen war für „Vernichtung durch Arbeit“ berüchtigt. Viele Häftlinge kamen bei der schweren körperlichen Arbeit im Steinbruch um. Mauthausen wies die höchste Todesrate aller Konzentrationslager auf. In Mauthausen hatte sich der „Kommandant mit dem Kindergesicht“ Franz Ziereis eine besondere Folter ausgedacht. Die Gefangenen mussten, mit einer Steinlast von über 50 Kg beladen, die 186 Stufen zum Steinbruch nach oben im Laufschritt überwinden. Fielen die Steine zu Boden, zerschlugen sie die Füße des nachfolgenden Häftlings. Jeder Jude, der seine Last fallen ließ, wurde erbarmungslos geschlagen, anschließend lud man ihm die Steine wieder auf.

In ihrer Verzweiflung begingen viele Gefangene Selbstmord, stürzten sich vom Rand des Steinbruchs in die Tiefe. Andere wurden von der SS hinuntergestürzt. Nicht selten wurden Häftlinge in die elektrischen Zäune gejagt oder mit gezielten Injektionen ins Herz oder durch Genickschuß getötet.

Viele Theresienstadthäftlinge sind über Auschwitz zur Zwangsarbeit nach Mauthausen deportiert worden.

Die ersten Häftlinge trafen im August 1938 ein. Sie mussten das Lager errichten und gleichzeitig im Steinbruch arbeiten.

Die ersten Häftlinge in Mauthausen waren Straftäter, die übrigen galten als sogenannte Asoziale. Fast alle kamen aus Dachau in dieses Lager. 88 SS-Wachleute der Dachauer Totenkopfverbände begleiteten den ersten Transport. 1938 wurden insgesamt 1.100 Häftlinge nach Mauthausen deportiert. Ebenfalls aus Dachau kamen im Mai 1939 die ersten politischen Gefangenen, gefolgt von Häftlingsgruppen aus Gefängnissen in der Tschechoslowakei. Ende September 1939 traf das Dachau-„Strafkommando“ in Mauthausen ein. Im Dezember 1939 waren es insgesamt 2.666 größtenteils deutsche Gefangene.

Im Laufe des Jahres 1940 wurden etwa 11.000 neue Häftlinge im Lagerbuch registriert. Es kamen Transporte aus Sachsenhausen (1.032) und aus Buchenwald (300) und eine unbekannte Zahl von spanischen Gefangenen, vorwiegend Republikaner, die nach dem Sieg Francos nach Frankreich geflüchtet, dort interniert und später von den Deutschen gefangengenommen wurden. Sie alle wurden nach Gusen, dem ersten Nebenlager Mauthausens, überführt. Durchschnittlich befanden sich 1940 rund 3.800 Häftlinge in Mauthausen.

1941 kamen sieben Transporte mit spanischen Gefangenen, deren Anzahl auf 7.241 anwuchs. Außerdem trafen viele Juden zusammen mit Gruppen tschechischer Häftlinge ein. Am 12. Mai wurden Juden aus den Niederlanden und im Oktober die ersten 4.205 sowjetischen Kriegsgefangenen eingeliefert. Ungefähr 2.000 von ihnen wurden nach Gusen weiter deportiert. Aufgrund der hohen Todesrate stieg die Zahl der Gefangenen insgesamt nur auf 11.135 an.

Neben tschechischen, holländischen, sowjetischen und jugoslawischen Häftlingen (Soldaten wie Zivilisten), trafen 1942 auch Internierte aus Frankreich, Belgien, Griechenland und Luxemburg ein. Insgesamt kamen 1942 rund 13.000 neue Gefangene nach Mauthausen.

Am 19. August 1942 wurden die Konzentrationslager in verschiedene Kategorien unterteilt. Mauthausen und Gusen fielen unter die härteste Kategorie III für Gefangene, die als unverbesserlich und renitent galten.

1943 wurden 21.028 Gefangene neu registriert, darunter nur wenige Juden, aber verschiedene Nationalitäten. 8.334 Todesfälle wurden in Mauthausen und Gusen in diesem Jahr registriert. Weitere Häftlinge wurden sofort nach ihrer Ankunft auf Befehl der SSW ermordet, so daß sie gar nicht registriert wurden. Im Jahr 1944 nahm die Zahl der Häftlinge so stark zu, daß zahlreiche Nebenlager eröffnet werden mussten. 65.645 Neuzugänge wurden 1944 registriert. 114.524 Gefangene waren durchschnittlich in Mauthausen. Von Mai 1944 an trafen große Transporte mit Juden aus Auschwitz in Mauthausen ein, im Juni waren es bereits 7.500 jüdische Häftlinge. Am 10. August 1944 kamen 4.589 Juden aus dem Lager Plaszow bei Krakau, Ende September 6.449 Gefangene, die Hälfte davon Juden. Die Lagerunterlagen führten 1944 13.322 jüdische Männer und 504 jüdische Frauen auf, 3.437 Juden starben in diesem Jahr. Am 21. Januar 1945 kamen die ersten Evakuierungstransporte aus Auschwitz in Mauthausen an. Pro Woche trafen etwa 9.000 Personen unterschiedlicher Nationalität ein, mehrheitlich Juden. Tausende Gefangene kamen aus Sachsenhausen, aus Groß-Rosen und anderen Lagern. Sie wurden in Nebenlagern des Mauthausenkomplexes untergebracht. Im April 1945 kam eine große Zahl jüdischer Gefangener aus Ungarn. Insgesamt kamen 1945 24.793 Häftlinge nach Mauthausen. Die letzte registrierte Gefangenennummer lautete am 3. Mai 139.157. Zwei Tage später wurde das Lager von amerikanischen Truppen befreit.

Die beiliegende Karte zeigt die Unterteilung des Lagers in verschiedene Bereiche. In dem Zeltlager waren vor allem die 1945 eingelieferten ungarischen Juden untergebracht. Gegenüber dem Haupttor lag der Appellplatz, auf dem oftmals vor den Augen der anderen Häftlinge Gefangene umgebracht wurden.

Es gab einen Bereich für die Häftlingsbaracken, Werkstattbaracken, einen Bereich, in dem die SS-Angehörigen wohnten, einen Versorgungstrakt, eine als Dusche getarnte Gaskammer, eine Wäscherei, den Bunker, eine Quarantänestation. Mauthausen war anfangs ein ganz normales KZ, wurde im Krieg jedoch auch zu einem Vernichtungslager. Der Satz „Vernichtung durch Arbeit“ wurde gerade in Mauthausen praktiziert. Von Mitte 1940 an waren deutsche Häftlinge in der Minderzahl. Allein 7.500 spanische Republikaner und ehemalige Mitglieder der Internationalen Brigaden sowie 8.000 Angehörige der polnischen Intelligenz wurden hier gefangengehalten. Da das Lager ständig überfüllt war, wurden die sanitären und hygienischen Bedingungen immer schlechter, brachen Seuchen aus, die die Todesrate ansteigen ließen. Waren es 1939 445 Tote, stieg die Zahl im Jahr 1940 auf 3.846 Gefangene an. Im etwa 5 Km entfernten Nebenlager Gusen mussten die Gefangenen schwere körperliche Arbeit in den Steinbrüchen leisten.

Ab 1942 wurden die Häftlinge des KZ verstärkt in die Kriegswirtschaft einbezogen. Sie arbeiteten in der regionalen Rüstungsindustrie, vor allem aber beim Vortrieb von Tunneln, in denen Raketenteile und Flugzeugteile gebaut wurden. Die Zahl der Gefangenen nahm drastisch zu. Von März bis Dezember 1943 stieg die Zahl der Gefangenen in Gusen und Mauthausen von 14.800 auf 26.000. Sie erreichte einen Höchststand mit 84.000 im März 1945.

Der erste Kommandant des KZ Mauthausen war SS-Standartenführer Albert Sauer. Im August 1939 wurde er von SS-Standartenführer Franz Ziereis abgelöst, der bis Kriegsende im Amt blieb. Ihm standen mehrere hohe SS-Offiziere zur Verfügung (siehe SS-Kommandantur Mauthausen). Die Wachmannschaften rekrutierten sich aus den Totenkopfverbänden.

Viele der von der SS eingesetzten Aufsichtspersonen waren Straftäter, die von der SS angehalten waren, die Gefangenen rücksichtslos zu behandeln.

Die Polen bildeten mit fast 50.000 Gefangenen, die das Lager passierten, und über 30.000 Toten die größte Nationalitätengruppe.

Insgesamt passierten 5.200 Tschechen das Lager, die in mehreren Transporten in Mauthausen eintrafen. In den ersten Monaten des Jahres 1942 wurden 970 Tschechen nach Mauthausen deportiert, die kurz darauf von den Blockältesten und Kapos ermordet wurden. Nach dem Attentat auf Heydrich wurde 253 Tschechen nach Mauthausen deportiert und dort ermordet.

Die sowjetischen Häftlinge waren vorwiegend Kriegsgefangene, die im „Russenlager“, in separaten Baracken also, untergebracht waren. Von den 5.000 Kriegsgefangenen des ersten Transportes lebten im Mai 1942 nur noch 80.

Im Februar 1945 versuchten etwa 500 russische Kriegsgefangene, unter ihnen viele Unteroffiziere und Offiziere, auszubrechen. Sie versteckten sich in der Umgebung des Lagers. Im Rahmen einer Treibjagd, an der sich auch die Zivilbevölkerung beteiligte, wurde alle wieder gefasst und ermordet. Nur acht überlebten den Krieg. Von den 7.500 spanischen Republikanern fanden 4.200 in den Jahren 1941 und 1942 den Tod.

Bis zum Frühjahr 1941 gab es in Mauthausen nur wenige Juden. Die meisten starben innerhalb kürzester Zeit bei der Arbeit im Steinbruch oder an den Folgen der Misshandlungen. Von 1941 an trafen Gruppentransporte ein, zuerst aus Böhmen. Sie wurden von den Kapos und Blockältesten besonders schlecht behandelt und starben schnell. Dann traf 1941 ein weiterer Transport mit 900 Juden aus den Niederlanden ein. Sie waren nach Protesten gegen die deutschen Besatzer in holländischen Städten als Geiseln festgenommen worden. Ende 1941 lebten nur noch neun Häftlinge aus dieser Gruppe, den Krieg überlebte keiner.

Von Mitte 1944 an trafen größere Transporte von Juden in Mauthausen ein. Nach Selektionen in Auschwitz kamen im Mai und Juni 6.000 ungarische Juden zum Arbeitseinsatz. In drei Schichten mussten sie bei extrem hohem Arbeitstempo Tunnel für die Munitionsfabriken graben. Jeden Monat wurden die Verstorbenen durch Tausende neuer Juden ersetzt. Hunger und Seuchen griffen um sich, die Todesrate unter den Juden lag bei 95 Prozent.

Bedingt durch die Räumung von Auschwitz setzte am 25. Januar 1945 eine weitere Welle vonDeportationen nach Mauthausen ein, 9.000 Juden kamen an. Wie ihre Vorgänger wurden sie zur Zwangsarbeit in den unterirdischen Produktionsanlagen eingesetzt. Die größte Gruppe bildeten die ungarischen Juden. Zehntausende von ihnen wurden ab Herbst 1944 an die österreichisch-ungarische Grenze zum Bau von Befestigungsanlagen gebracht. Im Chaos der letzten Wochen, als die Häftlinge aus den Außenkommandos zurück nach Mauthausen geführt wurden, kamen bei Zwangsmärschen Tausende ums Leben. Wer nicht mehr weiter konnte, wurde auf der Stelle erschossen. Zwischen Januar und Mai weist die offizielle Lagerstatistik 24.613 Tote auf. Da der ständige Ortswechsel der Häftlinge eine genaue Registrierung unmöglich machte, lag die tatsächliche Zahl sehr viel höher. Jetzt trafen Transporte ein aus den bereits evakuierten Lagern wie Ravensbrück, Groß-Rosen, Sachsenhausen und Buchenwald, sogar aus Bergen-Belsen. Immer mehr Häftlinge aus den Nebenlagern kamen an oder wurden dorthin in Marsch gesetzt. Wer nicht mehr laufen konnte, wurde mit Phenolinjektionen ermordet.

Das Hauptlager war in einem chaotischen Zustand und die geringen Lebensmittelrationen beschleunigten den Tod vieler Gefangener.

Die SS begann mit der Vernichtung sämtlicher Unterlagen, bevorzugte Gefangene wurden entlassen, dem Roten Kreuz übergeben, jüdische Gefangene nach Günzkirchen in Marsch gesetzt. Am 3. Mai wurde die Zwangsarbeit eingestellt, alle im Bunker und im Krematorium arbeitenden Häftlinge ermordet. Dann verließen die SS-Offiziere das Lager. Am 4. Mai öffneten die Häftlinge um 11.30 Uhr die Tore und amerikanische Panzer fuhren auf das Lagergelände.

Die Gesamtzahl derer, die das Lager Mauthausen durchliefen, wird mit 199.404 angegeben. Schätzungsweise gab es 119.000 Tote, darunter 38.120 Juden.

Das Lagergelände ist heute Gedenkstätte.

Die Nebenlager des KZ Mauthausen

(mit einer Kapazität für mehr als 250 Gefangene)

Name
Max. Gefangenenzahl
Entstehungsdatum
Amstetten
2.966
März 1945
Amstetten (Frauen)
500
März 1945
Ebensee
18.437
November 1943
Eisenerz
400
Juni 1943
Enns
2.000
April 1945
Großramming
1.013
Januar 1943
Gunskirchen
17.000 – 22.000
März 1945
Gusen I
11.480
Mai 1940
Gusen II
12.537
März 1944
Gusen III
274
Dezember 1944
Hartheim (Schloß)

über 250

1938
Hinterbrühl
2.737
September 1944
Hirtenberg (Frauen)
459
September 1944
Leibnitz-Graz
655
Februar 1944
Lenzing (Frauen)
565
November 1944
Linz I
790
Februar 1943
Linz II
285
Februar 1944
Linz III
5.615
Mai 1944
Loibl-Paß (Nord)
1.296
Juni 1943
Loibl-Paß (Süd)
über 250

1941

Melk
10.352
April 1944
Passau II
333
März 1944
Peggau
888
August 1944
Sankt Valentin
1.480
August 1944
Saurer-Werke
1.480
August 1944
Schlier-Redyl-Zipf
1.488l
Oktober 1943
Schwechat
2.568
August 1943
Steyr-Münichholz
1.971
Februar 1942
Ternberg
406
Januar 1943
Wagrein
300
Juni 1941
Wels I
1.500
Dezember 1944
Wiener Neudorf
2.954
August 1943
Wiener Neustadt
1.000
August 1943

Lagerkommandantur

Der erste Lagerkommandant des KZ Mauthausen war SS-Standartenführer Albert Sauer. Im August 1939 wurde er von SS-Standartenführer Franz Ziereis abgelöst, der bis Kriegsende im Amt blieb. Ihm waren sieben SS-Offiziere unterstellt. Stellvertreter und Kommandant des Gefangenenlagers war SS-Hauptsturmführer Georg Bachmayer, der seinerseits zwei Stellvertreter hatte. Ihnen untergeordnet waren ein Rapportführer, ein Arbeitseinsatzführer (verantwortlich für die Appelle und allgemeine Verwaltungsangelegenheiten) sowie Blockführer und Kommandoführer. Am 30. September 1944 gab es 91 SS-Blockführer und Kommandoführer in Mauthausen. Die politische Polizei des Lagers war direkt der Sicherheitspolizei (SiPo) unterstellt und wurde von SS-Hauptsturmführer Karl Schulz geleitet. Die Wachmannschaften, die Blockführer und die Kommandoführer rekrutierten sich aus den Totenkopfverbänden der SS in Mauthausen.

 

Quellen

  • 556
    556. , Chronik des Holocaust Droemer-Verlag, , München 2002 , S. 137ff.
  • 558
    558. Enzyklopädie des Holocaust , Bd. II Piper, , München/Zürich 1998 , S. 930.
  • 559
    559. Enzyklopädie des Holocaust , Bd. II Piper, , München/Zürich 1998 , S. 932.

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