Als „Schleuse“ bezeichnete man im Ghetto Theresienstadt den Raum, in dem die ankommenden und abgehenden Transporte abgefertigt wurden. Anfangs wurden Räumlichkeiten in verschiedenen Kasernenobjekten als „Schleuse“ genutzt, so z.B. in der Anfangszeit die Aussiger Kaserne. Nachdem jedoch die Bahnlinie zwischen Bohušovice und Theresienstadt fertiggestellt war, wurde die zentrale Schleuse Mitte 1943 in der Hamburger Kaserne eingerichtet. Die Bahngleise führten an ihrem Eingang vorbei. In der Hamburger Kaserne konnte es vorkommen, dass ein ankommender Transport und ein abgehender Transport gleichzeitig „abgewickelt“ wurden. Das „Durchschleusen“ dauerte in der Regel mehrere Stunden, manchmal einen Tag. Es fand eine Gepäck- und Körperkontrolle statt, da man nach versteckten Wertsachen suchte. Maurice Frankenhuis, der am 6. September 1944 aus Westerbork nach Theresienstadt gekommen war, berichtet, daß er gegen vereinbarten Lohn Geld und 31 Diamanten schmuggelte, das Geld zurück erhielt, die Diamanten nicht. Der Verwahrer, ein Mann der Transportleitung, drohte beim Zurückverlangen mit Anzeige und pochte auf seine Macht. Auch nach dem Krieg war er nicht zur Herausgabe zu bewegen.
In der Schleuse ging es streng zu, man drohte mit der Kleinen Festung. SS hinter den Tischen nahm alles Geld ab, in Schachteln wurden Edelmetall, Füllhalter und Zigaretten gesammelt. Man musste sich entkleiden, Kleidung und Körper wurden genauestens durchsucht, dann wurden die Neulinge von Lagerfunktionären registriert, die „Arbeitskategorie“ wurde festgestellt, Essenskarten ausgeteilt. Es folgte ein Desinfektionsbad in L 506. Das Handgepäck wurde zurückgegeben, das große Gepäck, wesentlich erleichtert, zwei Wochen später. Ein Großteil der mitgebrachten Dinge, vor allem auch Kleidung, wurde den ankommenden Häftlingen weggenommen. Die Gegenstände wurden schon in der Schleuse sortiert und nach Wert und Verwertbarkeit überprüft. Unter großer Gefahr versuchten die hier eingesetzten Häftlinge Medikamente usw. zu verstecken und in die Kinderheime oder in das Krankenrevier zu schmuggeln. Derartige Vergehen wurden mit Deportation oder Überführung in die Kleine Festung bestraft. Die Häftlinge wurden von hier dann auf die Quartiere verteilt. Es kam schon vor, dass Häftlinge in der Schleuse ankamen und sofort einem Osttransport zugeteilt wurden.
Die zur Deportation in den Osten vorgesehen Ghettobewohner bekamen meist in der Nacht durch ein Mitglied der Ghettowache den Deportationsbefehl, auf dem stand, wann sie sich wo einzufinden hätten. Manchmal dauerte es noch ein paar Tage bis zur Abfahrt des Transportes. Eine Reserveliste wurde aufgestellt, die von der SS angegebene Personenzahl musste unbedingt eingehalten werden. Es blieb weitgehend dem Ältestenrat überlassen, die Transportlisten zusammenzustellen. Die SS-Kommandantur machte jedoch Vorgaben und es konnte passieren, dass sie befahl, bestimmte Personen oder Personengruppen in den Transport einzureihen. Ansonsten hatten Ältestenratmitglieder schon die Möglichkeit, Personen aus dem Transport zurückzuhalten, mussten allerdings andere Personen dafür einreihen.
Beim Einsteigen in die Viehwaggons bildete die Ghettowache eine Kette, um die Zurückbleibenden von den zum Transport Bestimmten zu trennen. Häftlinge des Transportkommandos halfen beim Verladen. Dagmar Lieblová berichtete, dass Josef Bor sie recht unsanft in einen Waggon schob und sein Gesicht das letzte war, was sie sah, bevor die Waggontür sich schloss.
Konterbande in der Schleuse