Bergen-Belsen

Das spätere Konzentrationslager bei Celle wurde im April 1943 offiziell als „Aufenthaltslager“ für Personen eingerichtet, die gegen deutsche Staatsbürger in alliierten Ländern ausgetauscht werden sollten. Ein Kriegsgefangenenlager auf dem Gelände, Stammlager (Stalag) 311, wurde teilweise geräumt, um Platz für das neue Lager zu schaffen.

Von Anfang an unterstand das Lager Bergen-Belsen dem Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) in Berlin, das für die Verwaltung aller Konzentrationslager verantwortlich war.

Der erste Kommandant war SS-Hauptsturmführer Adolf Haas (später zum Sturmbannführer befördert). Zunächst wurden 500 jüdische Gefangene aus den Lagern Buchenwald und Natzweiler-Struthof nach Bergen-Belsen deportiert, um beim Bau des Lagers mitzuarbeiten. Sie sollten nicht ausgetauscht werden und gehörten einem Baukommando an. Während der ersten 18 Monate des Bestehens des Lagers wurden fünf voneinander unabhängige Nebenlager eingerichtet.

  1. Nebenlager in Bergen-Belsen für die ersten 500 für den Bau des Lagers bestimmten Häftlinge. Die Zustände waren schlecht, die Sterblichkeitsrate hoch. Das Lager wurde im Februar 1944 geschlossen. Die überlebenden Gefangenen wurden nach Sachsenhausen überführt.
  2. Das „Sonderlager“. Mitte Juli 1943 wurden zwei Transporte aus Polen (aus Warschau, Lemberg und Krakau) mit insgesamt 2.400 Personen in dieses Lager gebracht. Dies waren Juden mit Papieren meist südamerikanischer Länder. Ende Oktober 1943 wurden 1.700 dieser Juden nach Auschwitz deportiert, wo sie alle ermordet wurden. Weitere 350 erlitten Anfang 1944 das gleiche Schicksal. Im Lager blieben 350 Häftlinge, von denen 266 die Einwanderungserlaubnis für Palästina besaßen, 34 waren Bürger der Vereinigten Staaten und 50 hatten südamerikanische Papiere. Diese Gefangenen wurden nicht in Arbeitsgruppen eingeteilt und jeglicher Kontakt zu anderen Gefangenen war ihnen verwehrt.
  3. Das „Neutralenlager“. Dieses Lager bestand aus zwei Baracken, in denen von Juli 1944 bis März 1945 350 Juden untergebracht waren. Die Gefangenen waren Staatsbürger neutraler Länder, darunter spanische, türkische, portugiesische und argentinische Bürger. Die Bedingungen in diesem Lager waren besser als in den anderen Lagern Bergen-Belsens. Die Gefangenen wurden nicht zur Arbeit eingesetzt und erhielten eine etwas bessere Verpflegung. Die hygienischen Bedingungen waren besser und die Behandlung durch die SS nicht so grausam.
  4. Das größte der fünf Nebenlager war das „Sternenlager“. Es bestand aus 18 Baracken. Hier waren Juden untergebracht, die als „Austauschjuden“ galten. Diese Gefangenen durften ihre eigene Kleidung tragen (mit dem Davidstern – daher der Name „Sternenlager“). Männer und Frauen waren in getrennten Baracken untergebracht, aber Familienangehörige durften sich treffen. Die meisten der Gefangenen aus dem „Sternenlager“ waren Juden aus den Niederlanden. Zwischen Januar und September 1944 kamen acht Transporte aus dem Lager Westerbork in den Niederlanden in Bergen-Belsen an, insgesamt 3.670 Personen, die als „Austauschjuden“ klassifiziert worden waren. In der ersten Hälfte 1944 wurden im „Sternenlager“ auch kleine Transporte von Juden aus verschiedenen anderen Ländern interniert. Dazu gehörten 200 Juden aus Tunesien, Tripoli und Bengasi, die bis dahin in Italien festgehalten worden waren sowie 200 Jüdinnen aus dem Lager Drancy in Frankreich, deren Ehemänner in deutscher Kriegsgefangenschaft waren. Am 31. Juli 1944 waren insgesamt 4.100 als „Austauschjuden“ klassifizierte Personen im „Sternenlager“ untergebracht.
  5. Das „Ungarnlager“, das am 8. Juli 1944 eingerichtet wurde und in dem sich 1.684 Juden aus Ungarn befanden - der von Rezsö Kasztner organisierte Transport. Auch hier trugen die Gefangenen eigene Kleider mit dem gelben Abzeichen.

Nur wenige Juden, die zum Austausch nach Bergen-Belsen gebracht worden waren, wurden wirklich freigelassen. Am 10. Juli 1944 kamen 222 Juden mit Einwanderungsgenehmigungen im Hafen von Haifa an. Am 21. August 1944 erreichten 318 Juden aus dem „Ungarnlager“ die Schweiz, gefolgt von weiteren 1.365 im Dezember 1944. Am 25. Januar 1945 erreichten auch 136 Juden mit südamerikanischen Pässen die Schweiz.

Ab März 1944 wurde Bergen-Belsen schrittweise zu einem regulären KZ, in das man als arbeitsfähig klassifizierte Gefangene aus anderen Lagern deportierte. Die erste derartige Gruppe kam Ende März 1944 an und bestand aus 1.000 kranken Häftlingen aus dem Lager Dora-Mittelbau. Sie wurden in einem neuen Bereich des Lagers untergebracht, wo die Bedingungen insgesamt schlechter waren. Es herrschten miserable hygienische Bedingungen, sie erhielten keine Decken, keine ärztliche Versorgung und nur minimale Lebensmittelrationen. Fast alle starben nach kurzer Zeit. Am Tag der Befreiung waren nur noch 37 von ihnen am Leben. Weitere Transporte mit arbeitsunfähigen Gefangenen kamen bis Ende 1944 aus verschiedenen Ländern, meist waren es aber ungarische Juden. Die Mehrheit wurde in dem früheren Gefangenenlager untergebracht, wo die Bedingungen besonders schlecht waren. Zwischen April und Juni des Jahres 1944 starben allein in diesem Bereich des Lagers 820 Gefangene. Deutsche Gefangene aus Dora-Mittelbau wurden zu Kapos gemacht und behandelten die Gefangenen mit großer Brutalität. Diese litten auch unter dem Sadismus der Lagerarztes Dr. Karl Jäger, der sie zwang, über lange Zeiträume zu laufen. Im Sommer 1944 wurden etwa 200 Gefangene mittels Phenolspritzen ermordet.

Im August 1944 wurde eine neue Abteilung mit 12 Baracken eingerichtet, die als Frauenlager dienen sollte. 4.000 Jüdinnen aus Ungarn und Polen wurden dort untergebracht. Nach einem kurzen Aufenthalt wurden sie zur Zwangsarbeit in Nebenlager von Buchenwald und Flossenbürg transportiert. Im September und Oktober 1944 kamen Transporte mit Juden aus Plaszow und 3.000 Jüdinnen aus Auschwitz in Bergen-Belsen an. Sie wurden im „Sternenlager“ in neuen, für sie errichteten Baracken untergebracht, ohne Wasser, ohne Betten oder andere Einrichtungen. Unter diesen Gefangenen waren Anne Frank und ihre Schwester Margot. Beide Mädchen erlagen der Typhusepidemie, die damals im Lager herrschte.

Am 2. Dezember 1944 wurde der Lagerkommandant Adolf Haas durch Hauptsturmführer Josef Kramer ersetzt. Nach einer an diesem Tag durchgeführten Zählung waren 15.257 Häftlinge im Lager, darunter 8.000 Frauen. Kramer schaffte alle Vorrechte in den einzelnen Lagern ab und legte die interne Verwaltung des Lagers in die Hände der Blockältesten und Kapos. Die Bedingungen verschlechterten sich weiter, als Zehntausende Gefangene hinzukamen – Überlebende der Todesmärsche aus den Lagern im Osten kamen in Bergen-Belsen an, allein 20.000 weibliche Gefangene aus den Nebenlagern von Auschwitz und Buchenwald.

Zwischen Januar und März gelangten Tausende von männlichen Gefangenen aus Sachsenhausen und Buchenwald nach Bergen-Belsen.

Die Lagerverwaltung unternahm nichts, um die neu hinzugekommenen Gefangenen unterzubringen und zu versorgen. Es gab kein Wasser und keine Lebensmittel. Im Lager herrschte ein völliges Chaos. Viele der Gefangenen wurden Opfer der Typhusepidemie. Allein im Monat März 1945 starben 18.168 Gefangene im Lager, von Januar bis April 1945 belief sich die Todeszahl auf 35.000. Der Anblick versetzte den britischen Soldaten einen Schock, als sie das Lager am 15. April 1945 befreiten. 60.000 Gefangene waren im Lager, die meisten befanden sich in einem kritischen Zustand. Tausende von Leichen lagen überall herum. Die Briten hatten mit so etwas nicht gerechnet. In den ersten fünf Tagen nach der Befreiung starben weitere 14.000 Menschen, weitere 14.000 in den folgenden Wochen.

Nach der Befreiung wurde Bergen-Belsen zu einem Lager für displaced persons. Die britische Armee übernahm mit ihrem Sanitätskorps die medizinische Versorgung der früheren Gefangenen. Das Lager bestand bis 1951.

Heute befindet sich auf dem Gelände des Lagers eine Gedenkstätte.

Dagmar Lieblová, ehemals Häftling in Theresienstadt, Auschwitz und HH-Freihafen, wurde in Bergen-Belsen von den Briten befreit. Sie hielt am 15. April 2004 die Gedenkrede vor dem Obelisken in Bergen-Belsen.

Bergen-Belsen-Prozeß

Transport von Bergen-Belsen nach Theresienstadt

Quellen

  • 26
    26. Enzyklopädie des Holocaust , Bd. I Piper, , München/Zürich 1998 , S. 188.
  • 542
    542. Axel Feuß , Das Theresienstadt-Konvolut Altonaer Museum in Hamburg, Verlag Dölling und Galitz, , Hamburg/München 2002 , S. 19.

zurück zur Übersicht