Lydia Holznerová stammt aus einer alteingesessenen jüdischen Familie in Hronow, einer kleinen Stadt in Ostböhmen, unweit der Grenze zu Schlesien.
Ihr Vater hatte einen Textilgroßhandel. Die Holzners lebten in Frieden mit ihren nichtjüdischen Nachbarn. Lydia war 1929 geboren worden, ihre Schwester Vera war neun Jahre älter. 1936 wurde Lydia eingeschult. Sie war das einzige jüdische Mädchen in ihrer Klasse aber mit den Mitschülern gab es keine Probleme.
In der Familie wurde lange diskutiert, ob man angesichts der in Deutschland sich immer aggressiver verhaltenden Nationalsozialisten emigrieren solle, doch man entschloss sich, zu bleiben. Nach der deutschen Okkupation konnte Lydia noch die vierte Klasse der Volksschule beenden, wurde dann heimlich weiter von einem arbeitslosen Lehrer unterrichtet. Ihre Schwester Vera konnte noch auf einem jüdischen Gymnasium in Brno ihr Abitur machen, ein Reifezeugnis wurde ihr jedoch nicht mehr ausgestellt. Ab Juni 1939 wurde der gesamte jüdische Besitz von den neuen Machthabern "sichergestellt". Lydias Vater verlor sein Geschäft, ein Treuhänder wurde eingesetzt. Sie verloren ihr Haus und kamen bei Bekannten in Hronow unter, konnten dank ihrer Ersparnisse überleben und auch noch andere Verwandte unterstützen. Einen Teil der Aussteuer von Vera und der Möbel wurde bei arischen Freunden aufbewahrt. Der Vater wurde verhaftet und für eine Woche von der Gestapo gefangengehalten.
Im Dezember 1942 wurde die Familie über Hradec Králové nach Theresienstadt deportiert. Hier trafen sie auf bereits vorher deportierte Verwandte. Ihre Mutter wurde zusammen mit Vera in der Hamburger Kaserne untergebracht, Lydia kam in das Kinderheim L 410, wo sie mit 18 anderen Mädchen , darunter Dagmar Fantlová (Lieblová) ein Zimmer teilte.
Zusammen mit den anderen Mädchen musste Lydia jeden Tag in der Gärtnerei arbeiten. Das, was die Gärtnerei produzierte, wurde draußen für die SS verkauft. Die Kinder wurden heimlich unterrichtet, bekamen Gesangsunterricht, konnten auf einem im Keller deponierten Harmonium spielen. Alle lebten in der ständigen Angst vor dem Transport nach Osten.
Im Dezember 1943 wurden die Holzners mit einem aus 2.054 Juden bestehenden Transport nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Am 16. Dezember 1943 kam der Transport in Auschwitz an. Lydia kam mit ihrer Familie ins Theresienstädter Familienlager, überstand mehrere Selektionen und wurde dann zusammen mit ihrer Schwester Vera in einen Transport gesteckt, der sie zusammen mit anderen tschechischen Jüdinnen nach Christianstadt, einem Nebenlager von Groß-Rosen, brachte. Hier mussten die jungen Frauen für eine Munitionsfabrik arbeiten aber auch schwere Waldarbeit leisten. Die Mutter verließ mit einem anderen Transport Auschwitz und wurde in einem KZ ermordet, der Vater kam in Birkenau ums Leben.
Im Februar 1945 wurde das Lager in Christianstadt geräumt. Ein Todesmarsch begann. Lydia und anderen Frauen gelang es, sich abzusetzen. Sie wurden jedoch von Hitlerjungen gefasst und auf die nächste Polizeistation gebracht. Sie mussten nach Dresden marschieren, dann weiter nach Aussig und schließlich in Richtung Marienbad. In Brolozec trafen sie auf Bekannte ihre Großvaters, die mit Lebensmitteln halfen. Die nächste Station war Flossenbürg. Nach drei Tagen ging es mit einem Güterzug weiter nach Bergen-Belsen, wo sie am 15. April von britischen Truppen befreit wurden.
Im Juli 1945 kehrten Vera und Lydia Holznerová nach Böhmen zurück. Fast ihre gesamte Familie war ums Leben gekommen. Eine Tante nahm sich ihrer an. Lydia war damals 15 Jahre alt und wog 36 Kg. Nur langsam kamen sie wieder zu Kräften. Lydia konnte ihre Schule beenden, später die Handelsakademie besuchen. Sie zog nach Prag, wo sie 13 Jahre lang bei CSM, dem sozialistischen Jugendverband tätig war. Später war sie dann in der Verwaltung der Wissenschaftlich-Technischen Gesellschaft beschäftigt. Sie hat noch heute (2005) Kontakt zu den überlebenden Frauen, unter anderem auch zu Dagmar Lieblová.