Bacon, Yehuda
Yehuda
Bacon wurde am 28. Juli 1928 in Ostrava geboren. Sein
Vater betrieb dort
eine Lederfabrik. Schon 1938 hatte man in Ostrava mitbekommen,
daß von den Deutschen für Juden Gefahr ausging,
hatte man doch jüdische Flüchtlinge aus Österreich
aufgenommen. Dann marschierten die Deutschen auch in
Ostrava ein und sofort begannen sie damit,
das Leben der jüdischen Bevölkerung einzuschränken.
Der Vater verlor die Lederfabrik, Yehuda konnte nicht
mehr zur Schule gehen, er nahm an illegalen Unterrichtszirkeln
teil.
Immer wieder wurde in der Familie über Flucht gesprochen,
aber dann blieb man doch, bis im September 1942 die Einberufung
zum =>Transport kam. Die Familie versuchte, einen Teil
ihrer Wertsachen bei befreundeten Familien unterzubringen
und packte zusammen, was man glaubte, im Lager brauchen
zu können. Yehuda berichtet, daß sich viele
Leute damals das Leben genommen haben.
Ihr Zug setzte sich am 18. September 1942 in Bewegung.
In dem =>Transport befand sich der 13jährige Yehuda,
sein Vater Isidor, seine Mutter Ethel und seine 19jährige
Schwester Hana. Rella, die ältere Schwester, war
1939 nach Palästina ausgewandert.
Nach 24 Stunden kamen sie in =>Bohušovice an; sie mussten
den Weg ins Ghetto zu Fuß gehen. Das erste, was
Yehuda vom Ghetto sah, war ein Schlagbaum und ein großer
Haufen Holzkisten. Als er näher kam, bemerkte er,
daß es sich um Särge handelte, an denen Zettel
hingen.
Die Bacons mussten auf dem Dachboden der =>Magdeburger
Kaserne schlafen, wurden allerdings schon am nächsten
Tag von einem Onkel begrüßt, der ihnen zu
einer anderen Behausung verhalf. Yehuda kam zuerst in
ein Lehrlingsheim und dann in das Tschechische =>Jugendheim
L 417. Den Jugendlichen ging es besser. Sie brauchten
nicht zu arbeiten, bekamen größere Portionen Essen,
wurden heimlich unterrichtet. Zwischendurch konnten sie
ihre Eltern sehen und an den Wällen Fußball spielen.
Von Zeit zu Zeit gingen Jungen aus dem Jugendheim zusammen
mit ihren Familien auf =>Transport nach Osten, in ein Arbeitslager - so
vermutete man zumindest.
Ende 1943 wurde auch die Familie Bacon einwaggoniert.
Wie Vieh wurden sie in Waggons verladen. Am 16. Dezember 1943
kam der =>Transport auf der Rampe in Auschwitz an, 2.491
Juden aus Theresienstadt, Männer, Frauen, Kinder.
Der gesamte =>Transport wurde ohne
Selektion in das =>Familienlager gebracht. Yehuda erfuhr
bald, was in Auschwitz wirklich
geschah, auch wenn er im =>Familienlager Kontakt zu seinen
Eltern halten konnte. Er kam zuerst mit 40 anderen
Kindern in einen Block mit alten Menschen. Täglich
gab es 10 bis 20 Tote. Der Block war mit 500 Menschen überfüllt,
zu siebent schliefen sie auf einer Koje. Später
kam Yehuda in den von =>Fredy
Hirsch initiierten Kinderblock
31, wo sie von Jugendgruppenleitern betreut wurden, bessere Nahrung
bekamen und nicht dem Appell draußen ausgesetzt
waren.
Anfang Juli wurde Lagersperre angeordnet. Bei einer Selektion
wurden arbeitsfähige junge Frauen und Männer
ausgesucht. Schwester Hana, die Mutter und Yehuda selbst
kamen durch. Yehudas Mutter und die Schwester wurden
in das Lager Stutthof bei Danzig deportiert und kamen
dort kurz vor der Befreiung ums Leben. Yehudas Vater blieb
im =>Familienlager zurück, Yehuda wurde mit einer
Gruppe anderer Jungen ins Männerlager gebracht.
Die Zurückgebliebenen wurden in der Nacht vom 10.
auf den 11. Juli 1944 abgeführt und vergast. Die
Jungen im Männerlager wussten, was mit ihren Eltern
passierte.
Im Herbst 1944 begann die SS mit
der stufenweisen Liquidierung des Lagers. 'Nichtproduktive
Elemente' wurden in den Gaskammern
ermordet, arbeitsfähige Häftlinge ins Innere
des Reiches =>abtransportiert. Ab Oktober 1944 folgte die
Demontage, später die Sprengung der Krematorien.
Am 18. Januar 1945 mussten sich die Jungen auf den Evakuierungsmarsch
machen. Nach einigen Tagen erreichten sie das Außenlager
Blechhammer. Hier wurden sie einwaggoniert. Der Zug wurde
bombardiert, die Lok getroffen. Der =>Transport kam durch
Ostrava und fuhr weiter. Tagelang litten die Häftlinge
in den Waggons ohne Essen und Trinken. Nach mehr als
zweiwöchiger Fahrt kamen sie in =>Mauthausen an.
Sie waren völlig erschöpft. In der zweiten
Aprilhälfte
begann erneut ein Todesmarsch in Richtung Wels. Wer liegen
blieb, wurde erschossen. Als die Amerikaner wenige Tage
später das Lager Gümskirchen befreiten, bestand
Yehuda nur noch aus Haut und Knochen, er wog 34 kg.
Yehuda ging zurück in die Tschechoslowakei, wollte
Mutter und Schwester suchen. Er kam zunächst in
ein Jugendheim, wurde hier u.a. von =>H. G.
Adler betreut,
der ebenfalls in Theresienstadt gewesen war. Yehuda,
der schon als Kind gerne malte, wurde in dieser Fähigkeit
von =>Adler gefördert. 1946 ging Bacon nach Palästina,
traf dort seine ältere Schwester wieder und konnte an der Hebräischen
Universität studieren. 1955 beendete er seine Kunststudien,
besuchte Paris, London und Florenz. Zurückgekehrt
nach Israel wurde er Professor für Bildende Kunst.
Quelle: 191)