Magdeburger Kaserne

Die Bezeichnung Magdeburger Kaserne (B V - Nr. 25 auf dem Stadtplan) ist nicht der ursprüngliche Namen dieses Objektes. Sie wurde der Kaserne von der Deutschen Wehrmacht gegeben, die im Frühjahr 1939 die Resttschechei besetzte und die Kasernen bezog.

Neben der Dresdner Kaserne war dieses Kasernenobjekt als Kavalleriekaserne die größte der Kasernenbauten in dieser als Festung angelegten Stadt, deren Bau im Frühjahr 1780 begann. Die Kavalleriekaserne wurde in den Jahren 1782 und 1786 errichtet und unterschied sich von vergleichbaren Objekten in Theresienstadt durch eine größere Schlichtheit. Allen Anschein nach hing das mit der großen Naturkatastrophe zusammen, von der Theresienstadt 1784 heimgesucht wurde. Das damalige Frühjahrshochwasser überschwemmte die gesamte Baufläche und die Geniedirektion versuchte, die entstandenen Schäden mit Kostensenkungen für teure Baudetails zu kompensieren. Die Kavalleriekaserne war damals nur zu einem kleinen Teil fertiggestellt, an vielen Stellen bestanden einstweilen nur die Fundamente, und deswegen wirkte ihr gesamter Bau wesentlich bescheidener als zum Beispiel die große Infanteriekaserne, deren Rohbau schon 1783 beendet war.

Die Kavalleriekaserne war als Rohbau offenbar 1784 fertig, wurde aber erst 1786 mit der Einwölbung und dem Bau des letzten Geschosses des östlichen Trakts und eines Teils des Seitenflügels vollendet. Die Kaserne war ein Objekt vom sogenannten spanischen Typ. Alle Geschosse ihres Oberflügels waren für Offiziere vorgesehen, während sich die Mannschaftsquartiere im ersten und im zweiten Geschoss des Nord- und Südflügels befanden. Eine kleine Anzahl von Wohnräumen war auch im ersten Geschoss des Westflügels und in beiden Hofflügeln angelegt worden. Die ursprünglich vorgesehene Mannschaftsstärke dieser Kaserne betrug 626 Personen. Das gesamte Erdgeschoss diente mit Ausnahme des von Offizieren belegten Ostflügels der Pförtnerei und die Durchfahrten als Stallungen für insgesamt 396 Pferde.

Die Kaserne konnte ein ganzes Kavallerie-Regiment aufnehmen und war in den Jahren der Habsburger Monarchie Standort des 1. Dragonerregiments bzw. des 11. Ulanenregiments. Auch nach der Proklamierung des selbständigen tschechoslowakischen Staates diente sie weiterhin ihrer ursprünglichen Bestimmung und war nach der Umbenennung in Jan-Jiskra-von-Brandýs-Kaserne Heimstatt des 1. Dragoner-Regiments der tschechoslowakischen Armee.

Nach Inkrafttreten des Münchner Abkommens im Oktober 1938 verließen die demobilisierten tschechoslowakischen Soldaten die Stadt, die plötzlich zur letzten tschechoslowakischen Gemeinde vor der Grenze des neuen deutschen Reiches geworden war. Aus dem abgetrennten Grenzland kamen Tausende tschechischer Flüchtlinge hierher, die in dieser Kaserne eine erste provisorische Unterkunft fanden. So wurde sie für einige Wochen Heimstatt für alle aus Nordböhmen vertriebenen Familien von Staatsangestellten.

Ein halbes Jahr später, am 15. März 1939, wurde die Stadt jedoch auch von der deutschen Wehrmacht besetzt. Ein Jahr später wurde von der Wehrmacht in Theresienstadt eine ständige Garnison eingerichtet.

Als wiederum ein Jahr später, im Herbst 1941, in Theresienstadt ein Ghetto eingerichtet wurde, wurde das jetzt in Magdeburger Kaserne umbenannte Gebäude zu einem besonders wichtigen Objekt. Hier wurden die Büros und Wohnungen des Judenältesten, seines Stellvertreters und des Ältestenrates, die Büros verschiedener Abteilungen der Selbstverwaltung und ihres Sekretariats wie auch die Wohnungen einiger prominenter Persönlichkeiten untergebracht. Die Kaserne war auch der Ort, wo bedeutende kulturelle Aktionen, Gottesdienste, Vorträge und Versammlungen der Mitarbeiter der Selbstverwaltung stattfanden. Ihr kam deshalb im Leben des Ghettos eine besondere Bedeutung zu.

Nach der Befreiung wurde die Kaserne wieder von der tschechoslowakischen Armee genutzt.

Heute finden sich in der Kaserne eine Internationale Begegnungsstätte und Ausstellungsflächen, in denen den Besuchern Kunst und Kultur des Ghettos vorgestellt werden. Das ursprünglich dem Militär gehörende Gebäude wurde der Gedenkstätte und der Prager Nationalgalerie zur Verfügung gestellt, die den weitaus größten Teil des Komplexes als Depot benutzt. Das Gebäude ist in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit großem finanziellen Aufwand umgebaut und renoviert worden.

Zu den Räumlichkeiten, die der Gedenkstätte zur Verfügung stehen, gehören der Fassadenflügel des Gebäudes und der erste Kasernenhof. Das Gebäude besteht aus dem Erdgeschoss, zwei Stockwerken und dem Bodenraum. Im Erdgeschoss befindet sich im Vestibül ein Raum für Besucher, die die ständigen Ausstellungen besichtigen oder eine der gelegentlichen Kulturveranstaltungen beiwohnen wollen. Hier ist auch die Information mit der Kasse und eine Verkaufsstelle für Literatur und Souvenirs. Im linken Bereich des Erdgeschosses befinden sich die Räume der Sammlungsabteilung der Gedenkstätte Theresienstadt mit den Depositorien. Hier arbeiten Fachleute an der Aufarbeitung all der Sachen, die aus der Zeit des Ghettos stammen. Auf der rechten Seite befinden sich die zur Begegnungsstätte gehörende Küche und der Speiseraum. Im Eingangsbereich befinden sich außerdem noch Büros der Bildungsabteilung, darunter ein Büro für die Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und des österreichischen Gedenkdienstes.

Das gesamte Obergeschoss des Objektes ist ständigen Ausstellungen vorbehalten, die an die Hauptausstellung im Ghettomuseum anknüpfen und schrittweise in den Jahren 1997 – 2000 angelegt wurden. Im linken Bereich des Ausstellungsgeschosses befindet sich ein Raum, der als typische Gefangenenunterkunft im Ghetto rekonstruiert wurde. Im Nachbarraum wurde die Ausstellung „Musik im Ghetto“ installiert. Der Hauptteil der Dauerexposition dieses Geschosses bildet die Ausstellung „Bildende Kunst im Ghetto Theresienstadt“, die in den Räumen des gesamten Mittelbereichs installiert ist. Hier werden sowohl die Werke der bekannten Künstler des Ghettos als auch die Arbeiten einer ganzen Reihe weniger bekannter Autoren gezeigt. Im rechten Teil des Ausstellungsbereiches wurden die Ausstellungen „Das literarische Schaffen im Ghetto Theresienstadt“ und „Das Theater im Ghetto Theresienstadt“ untergebracht.

Im zweiten Stockwerk liegen die Unterkunftsräume der Begegnungsstätte. Die Kapazität beträgt bis zu 50 Personen. In dieser Etage befinden sich ebenfalls Räume für Gruppenarbeit. Kleinere Imbisse können in zwei Küchen zubereitet werden.

Im Dachboden befindet sich ein Theater, daß mit seinem äußeren Charakter an andere Bühnen erinnert, wie sie auf den Theresienstädter Dachböden während der Ghettozeit bestanden. Es wird für Konzert- und Theateraufführungen genutzt, kann aber auch als Hauptvortragssaal und Seminarraum genutzt werden.

Quellen

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    546. Vojtěch Blodig u.a. , Kultur gegen den Tod Oswald-Verlag, , Prag 2002 , S. 7ff.

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