Singer, Judis

Frau Singer und ihr Mann kamen nach 19stündiger Fahrt (Reiseproviant etwas Wurst, zwei Semmeln und Käse) am 25. September 1942 aus Wien in Theresienstadt an. Hier erkrankte ihr Mann an Typhus. Dies wurde verheimlicht und Frau Singer pflegte ihn mit (heimlich) mitgebrachten Medikamenten und privater ärztlicher Hilfe im Normalquartier gesund. Seit Ende 1942 waren beide in Werkstätten für Galanteriewaren tätig, wo sie 10 ½ Stunden täglich arbeiten mussten und nur gelegentlich einen freien Tag hatten. Sie waren mit der Herstellung von Kunstlederkoffern, Brillen– und Zigarettenetuis und Lederbeuteln für Soldaten im Auftrag eines Wiener Fabrikanten befasst. Der jüdische Werkstattleiter war früher in dessen Prager Filiale tätig. Der Fabrikant besuchte zunächst in Begleitung eines Gendarmen die Werkstätten und brachte den Singers, die er aus Wien kannte, Tabak und Lebensmittel mit. Später durfte er nur die Dienststelle betreten. Im Mai 1944 sollte die Schwester von Frau Singer, Witwe eines im 1. Weltkrieg hoch dekorierten Offiziers, deportiert werden. Da sie gehbehindert war, trug sie einen Klappstuhl am Hals, an dem der jähzornige Haindl solange zerrte, bis sie tot zusammenbrach. Herr Singer wurde im Herbst 1944 an Krebs operiert. Dennoch wurde er als Sterbender am 28. Oktober 1944 mit dem letzten Osttransport nach Auschwitz deportiert. Frau Singers freiwillige Meldung wurde nicht akzeptiert.

In den Galanteriewerkstätten mussten im April 1945 8000 Rucksäcke für die SS hergerichtet werden und knapp vor der Befreiung ließen sich Freiberger und andere Lagergrößen hier Seidenhemden in großer Menge ändern. Frau Singer half nach dem Krieg bei der Liquidation von Theresienstadt bis zum 5. Oktober 1945. Sie kam auch mit gefangenen Deutschen aus der Kleinen Festung in Berührung, darunter der intime Freund eines alten Lagerinsassen, den er den Krieg über unterstützt hatte, und ein junger Halbjude, dessen Mutter aus Theresienstadt deportiert worden war. Sie intervenierte bei den Tschechen und bekam ihn frei.

Quellen

  • 871
    871. Hans Günther Adler , Theresienstadt 1941 - 1945, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft Mohr - Verlag, , Tübingen, 2. Aufl. 1960 , S. 814f.

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