Die Reichszentrale für Jüdische Auswanderung war ein auf Betreiben Heydrichs, des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD), eingerichtetes und dem Reichsinnenministerium angegliedertes Büro, das gemeinsam mit seinen Außenstellen in Österreich und im Protektorat Böhmen und Mähren die forcierte Emigration der Juden betrieb.
Am 26. August 1938 wurde vom Reichskommissar für Österreich, Josef Bürkel, eine Zentralstelle für Jüdische Auswanderung in Wien eröffnet, die unter Leitung Adolf Eichmanns stand. Eichmann war für diese Aufgabe aus dem „Judenreferat“ des SD nach Wien abkommandiert worden. Er erprobte hier die Methoden, mit denen später die Vertreibung der europäischen Juden durchgesetzt wurde. Er konzentrierte sämtliche österreichischen Juden in Wien, setzte Auswanderungsquoten fest und machte die jüdische Gemeinde für die Erfüllung verantwortlich, räumte bürokratische Hindernisse beiseite und zwang die wohlhabenderen Juden, für die Kosten der Aussiedlung mittelloser Juden aufzukommen. Innerhalb von acht Monaten organisierte er die Auswanderung von ungefähr 45.000 österreichischen Juden.
Auf einem von Reinhard Heydrich am 12. November 1938 vorgebrachten, von Hitler gebilligten und zum Führerbefehl erhobenen Vorschlag hin ordnete Hermann Göring am 24. Januar 1939 die Gründung einer vergleichbaren Institution in Deutschland unter Heydrichs Leitung an. Am 30. Januar 1939 ernannte Heydrich als Geschäftsführer des neuen, „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“ genannten Büros den Chef der Abteilung II der Gestapo, Heinrich Müller. Heydrich beabsichtigte die Eröffnung von Büros der Reichszentrale in Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und Breslau, doch dieser Plan wurde nicht ausgeführt.
Nach der Besetzung von Böhmen und Mähren wurde am 26. Juli 1939 nach dem Vorbild des Wiener Büros eine Zentralstelle in Prag eingerichtet. Geleitet wurde sie von dem früheren Eichmann-Vertreter in Wien, Hans Günther, die Verantwortung lag jedoch bei Eichmann. Das neue Büro übernahm die Methoden der Zentralstelle in Wien, passte sie den örtlichen Bedingungen an und leitete schließlich die Deportation der im Protektorat lebenden Juden nach Theresienstadt ein.
Nachdem Eichmann nach der deutschen Besetzung Polens das eroberte Terrain erkundet hatte, um ein geeignetes Gebiet für ein „Judenreservat“ zu finden, wurde ihm im Oktober 1939 die Geschäftsführung der Reichszentrale in Berlin übertragen, die Büros in Wien und Prag wurden der Berliner Zentrale unterstellt. Der von Eichmann zur Ausführung von Heydrichs Befehlen aufgebaute Stab wurde in die Reichszentrale eingebracht und verschmolz mit dem Tätigkeitsbereich, den Eichmann innerhalb des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) erhielt: Zunächst war er Leiter des Referates Auswanderung und Räumung, gleichzeitig Sonderreferent für die „Evakuierung“ von Juden und Polen aus den eingegliederten Ostgebieten, dann übernahm er das Referat IV B4 - „Judenangelegenheiten“, Räumungsangelegenheiten. Da die Auswanderung infolge der Kriegsereignisse ins Stocken geriet und schließlich vollkommen undurchführbar wurde, andererseits sich die „Reservats“-Pläne nicht umsetzen ließen, verlagerte Eichmann seine Aktivitäten mehr und mehr auf eine neue Aufgabe: überall in Europa die Juden zu erfassen und in die Vernichtungslager zu deportieren.