Edvardson, Cordelia

Cordelia Edvardson kam wenige Tage vor Hitlers Machtantritt in Deutschland zur Welt. Ihre – ledige – Mutter war die ´halbjüdische´ katholische Schriftstellerin Elisabeth Langsässer. Für Cordelias jüdischen Vater kam eine Ehe mit ihrer Mutter nicht in Betracht, weil er bereits verheiratet war und seine Familie nicht verlassen wollte. Später heiratete Elisabeth Langsässer einen Deutschen und Cordelia wuchs in diesem Haushalt als Katholikin auf. Man hielt ihre jüdische Abstammung streng geheim und als neunjähriges Mädchen tanzte sie auf einem Hochzeitsball mit einem SS-Offizier. Zwischendurch wollte sie dem „Bund Deutscher Mädchen“ beitreten, was ihre Eltern ihr sofort untersagten. Als sie den gelben Judenstern anheften musste, war es mit der Geheimhaltung vorbei. Sie musste aus dem Verein Katholischer Mädchen ausscheiden, dem sie angehörte und dessen Wahlspruch war: „Alle für einen, einer für alle“.

Ihr Stiefvater war ein Gelehrter, der sich Hoffnung auf eine akademische Karriere gemacht hatte. Daran hinderte ihn nun die eigene Familie, weil er eine Halbjüdin mit einem unehelichen Kind geheiratet hatte. Er schützte Cordelia, dann schrie er sie an. Bald durfte sie nicht mehr daheim schlafen, um zu verhindern, daß das Haus mit einem Judenstern versehen wurde. Dann musste sie die Wohnung endgültig verlassen, kam bei fremden Juden unter. Da sie noch nicht volljährig war, bekam sie einen jüdischen Vormund. Ihre besorgte Mutter wandte sich an einen jungen Offizier der spanischen Blauen Division mit der Bitte, Cordelia durch eine Scheinehe zu retten. Die Heirat konnte jedoch nicht stattfinden, da Cordelia erst 14 war. Dann fand die Mutter ein spanisches Ehepaar, das Cordelia adoptierte, und diese erhielt die spanische Staatsbürgerschaft.

Dann wurde sie zur Gestapo vorgeladen. Die Mutter begleitete sie. Bei der Gestapo erklärte ihr ein Beamter, daß sie bestimmt kein Ausreisevisum erhalten würde. Der gültige spanische Pass stehe nicht infrage aber Cordelia müsse ein Schreiben unterzeichnen, wonach sie sich den deutschen Gesetzen freiwillig füge. Als Cordelia sich sträubte, entgegnete der Beamte, ihre Mutter könne ohne diese Unterschrift belangt werden, da die Adoption nur arrangiert worden sei, um die deutschen Gesetze zu umgehen. Cordelia unterschrieb. Kurz darauf wurde Cordelia abgeholt und zum jüdischen Krankenhaus gebracht, wo die arrestierten Juden auf ihren Abtransport warteten.

Cordelia kam zunächst nach Theresienstadt und von hier aus nach Auschwitz. Da sie jung und kräftig war, bekam sie eine Nummer und überlebte die Selektion mit knapper Not. Nach ihrer Befreiung erholte sie sich in Schweden, wo sie von einigen ungarischen und polnischen Jüdinnen als „deutsches Schwein“ beschimpft wurde. Sie hatte Kontakt zu ihrer Mutter, die von ihr Einzelheiten über Auschwitz erfahren wollte, um vielleicht einen Roman darüber zu schreiben.

Cordelia suchte Geborgenheit und blieb in Schweden, heiratete einen nichtjüdischen Schweden und hatte Kinder. Doch sie blieb fremd in diesem Land. Der ältere Sohn starb. Nach Jahren ging sie zu einem katholischen Pfarrer, um aus der Kirche auszutreten. Sie hatte nichts gegen den gekreuzigten Jesus aber den auferstandenen Triumphator kannte sie nicht und sie konnte ihn nicht anerkennen. 1974 übersiedelte sie nach Jerusalem und war nach langer Reise zu Hause.

Quellen

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    137. Raul Hilberg , Täter, Opfer, Zuschauer - Die Vernichtung der Juden 1933 - 1945 Fischer, , Frankfurt/M. 1992 , S. 176f.

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