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Widerstand im Ghetto Theresienstadt

Ein Dr. Karel Syka schrieb am 17. März 1946, nach seiner Rückkehr aus den Lagern, in einem Brief an die Verwandten seine Freundes Fredy (Nachname unbekannt) Einzelheiten über die Widerstandsbewegung im Ghetto Theresienstadt, welcher er und sein Freund Fredy (der nicht überlebte) angehörten. Es begann Ende 1942. Die Mitglieder waren hauptsächlich Offiziere der ehemaligen tschechoslowakischen Armee, die im Ghetto in der Transportabteilung oder bei der Ghettowache arbeiteten. Den Mobilisierungsausschuß leitete Karel Neumann, der Chef der gesamten Widerstandsgruppe war Karel Syka, nur als Pavel bekannt. Laut Syka hatte die Widerstandsbewegung Kontakte zu Prag, besaß Waffen außerhalb der Ghettomauern, hatte Vertrauensleute unter den tschechischen Gendarmen und bereitete eine Revolte unter Einbeziehung der =>Kleinen Festung vor. Das Signal zu der Aktion sollte von außen oder der Befehlsstelle im Ghetto kommen, wenn sich herausstellen würde, daß die SS mit Tötungen beginne. Das Signal kam nicht, die meisten Mitglieder der Bewegung wurden nach Auschwitz =>deportiert. Quelle: 1038)

Frantisek Fuchs, geb. am 23. Juli 1905, arbeitete während der deutschen Besatzung zunächst in der =>Jüdischen Kultusgemeinde Prag; am 15. Juli 1943 wurde er nach Theresienstadt deportiert, wo er auch seine Befreiung erlebte. Kurz danach schrieb er einen kenntnisreichen Artikel über die tschechisch-jüdische Widerstandsbewegung, besonders in Theresienstadt:

Dr. Rudolf =>Bergmann war im Ghetto das Oberhaupt der Widerstandszentrale. In der =>Lagerselbstverwaltung hatte er eine einflußreiche Stellung, die es ihm ermöglichte, die sog. Arbeitsgruppe Spedition zu schaffen. Die Gruppe war zahlenmäßig stark, nach politischer und nationaler Verläßlichkeit ausgewählt und zugmäßig aufgebaut. Die Einteilung der Personen in Gruppen erfolgte nach Arbeitseinsatzstelle bzw. Wohnblöcken bzw. nach Herkunftsregionen. Die meisten Mitglieder kannten Ausmaß und Zusammensetzung der Gruppe nicht.

Ziel der Arbeit war es, dauernde Verbindung mit den Widerstandsgruppen ausserhalb Theresienstadts zu halten und für den Fall von Massenaktionen der Deutschen (befürchtet wurde, daß die Deutschen auf einen Schlag alle Ghettobewohner ermorden würden angesichts ihrer absehbaren Niederlage) Pläne und Mittel für den Widerstand bereitzustellen.

"Als es den Anschein hatte, daß der Endkampf mit den Unterdrückern nahe bevorstand, verstärkte Dr. Bergmann mit seinen Mitarbeitern die Vorbereitungen zum Widerstand. Die Gruppen bekamen den Charakter von Zügen, welchen die Namen jener Personen mitgeteilt wurden, bei denen sie sich im entscheidenden Augenblick versammeln sollten. Für die einzelnen Wohnblocks wurden Vertrauensleute ausgesucht, die den Widerstand leiten und Verstecke für Frauen und Kinder organisieren sollten. Das Netz der Kanäle und Gänge, wo sich die Frauen und Kinder verbergen sollten, wurde geprüft, und von dort sollten sie versuchen, aus der Stadt herauszukommen, während die Männer den Rückzug decken sollten. Dr. Bergmann...verhandelte mit den Gendarmen über die Beschaffung von Waffen...So drang er beispielsweise selbst durch eine Hinterwand in einen Raum ein, wo die Deutschen Kartons mit geheimnisvollem Inhalt eingemauert hatten (vermutlich die Deportationsunterlagen des Ghettos oder Unterlagen aus dem Reichssicherheitshauptamt Berlin, die wegen der Bombardements in Berlin in Theresienstadt eingelagert worden waren - die Red.)....In der Nacht bekam er Nachrichten über einen Radioempfänger, den er besorgt hatte und bei einem Freund unter dem Fußboden aufbewahrte. Alles war vorbereitet, es fehlten nur noch die erwarteten Waffen..."

Zu diesem Zeitpunkt beschlossen die Deutschen, alle arbeitsfähigen Männer ins Gas zu schicken; binnen vier Wochen wurden mehr als 18.000 Menschen deportiert. In Theresienstadt blieben nur noch 11.000 Frauen und alte Männer und etwa 200 Männer im Alter von 16 bis 65 Jahren, um die unumgänglich notwendigen technischen Arbeiten zu verrichten. Der Widerstand war vernichtet. Quelle: 1114)