Transportvorbereitungen (am Beispiel Berlins)

Es war die Gestapo, die den Betroffenen die Deportationsabsicht schriftlich mitteilte. Die Mitteilungen enthielten eine sechszehnseitige Vermögenserklärung, in der penibel die Einkommensverhältnisse abgefragt wurden. Bei falschen Angaben drohte die Gestapo ironischerweise mit der Einweisung ins KZ. Die Wohnungen sollten aufgeräumt und gereinigt hinterlassen werden. Die Mieter sollten zuvor noch für die Begleichung der Strom-, Gas-, Miet- und Wasserrechnungen sorgen. Häufig war dies nicht mehr möglich, so daß die Mitarbeiter des Oberfinanzpräsidenten dies später erledigten. All dies wurde akribisch in den Akten festgehalten und für die Nachwelt aufbewahrt.

Auch die Jüdische Kultusvereinigung teilte den Betroffenen mit, wie sie sich vor und während der Deportation verhalten sollten. Das mitzunehmende Gepäck war neben einem Koffer und einem Rucksack auf das Handgepäck beschränkt. Das Handgepäck musste zuvor bei einer der fünf Kleiderkammern abgegeben werden. Insgesamt durfte das Gepäck nicht mehr als 50 kg wiegen. Bei der Abholung sollten die Wohnungsschlüssel sowie Geld- oder sonstige Vermögenswerte ebenso wie Schlüssel zu Tresoren oder sonstigen Wertsachen dem zuständigen Gestapo-Beamten übergeben werden.

Die Betroffenen wurden gebeten, die Vorbereitungen in Ruhe und Besonnenheit zu treffen und zu einem reibungslosen Ablauf des Transportes beizutragen. Die Kultusvereinigung bot im Rahmen ihrer Möglichkeiten jede erdenkliche Hilfe an. Die Juden wurden zu Haus von Gestapobeamten und Angestellten der Reichsvereinigung abgeholt, zunächst in ein Sammellager und von dort zu verschiedenen Bahnhöfen gebracht wie z.B. zum Anhalter Bahnhof oder zum Bahnhof in der Putlitzstraße.

Die Wohnungen der Deportierten wurden von den Gestapobeamten zunächst versiegelt. Der Hausrat wurde versteigert. Der letzte Besitz der Deportierten fiel an den Staat. Grundlage für die Beschlagnahme des Vermögens war die elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941. Sie bestimmte, daß die Juden die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie nicht nur vorübergehend im Ausland sind, und daß das Vermögen dann an das Deutsche Reich falle. Zuständig für die Einziehung und Verwertung des Vermögens war der Oberfinanzpräsident von Berlin/Brandenburg. In den Sammellagern wurde den Gefangenen der Bescheid über die Vermögenseinziehung vom Gerichtsvollzieher per Zustellungsurkunde mitgeteilt. Das am häufigsten aufgeführte Lager für die Theresienstadt-Transporte war das in der Großen Hamburger Straße 26, ein Altersheim der Jüdischen Gemeinde. Vom zahlenmäßigen Umfang her folgte das Altersheim in der Gerlachstraße, beide Bezirk Mitte.

In den Sammellagern wurden die Juden von Helfern der Reichsvereinigung und der Jüdischen Kultusvereinigung betreut. Diese hatten Decken, Verpflegung und sonstige Gegenstände herbeizuschaffen, um die zu Deportierenden zu versorgen. Dies fand natürlich auf Anweisung und unter strengster Kontrolle der Gestapobeamten statt, die die Juden durchsuchten und teilweise ausraubten. Nach welchen Kriterien die Transporte zusammengestellt wurden, ist nicht immer ersichtlich. Bei einigen waren auf den Transportlisten Vermerke angebracht, die darüber Aufschluss gaben. Der 4. große Alterstransport vom 17. März 1943 umfasste beispielsweise nicht nur langjährige Angestellte der Kultusgemeinde, sondern auch Kriegsbeschädigte, Träger von Verwundetenabzeichen und Kriegerwitwen. Dieses war auf den Transportlisten extra notiert worden. Mit dem 90. > Alterstransport vom 28. Mai 1943 wurden das Krankenhaus und die Altersheime Auguststraße und Elsässer Straße geräumt, mit dem 91. Transport das Krankenhaus in der Iranischen Straße. Es diente jedoch weiterhin als Gefängnis, Krankenhaus und Kinderunterkunft und als Sitz der Reichsvereinigung.

Im 92. Alterstransport waren viele Angestellte der Reichsvereinigung und „Geltungsjuden“. Der 99. und 101. Alterstransport umfasste überwiegend Personen aus nicht mehr bestehenden privilegierten Mischehen. Im 102. > Alterstransport vom 23. Februar 1944 waren mehrere Personen, die zuvor im Fahndungsdienst eingesetzt waren, d. h. die nach illegal lebenden Juden gefahndet hatten. In einige Fällen waren die Wohnadressen ausschlaggebend. So befanden sich im 1. Transport 94 von 103 Deportierten, die im Altersheim Große Hamburger Straße gewohnt hatten. Insgesamt wurden aus diesem Heim 220 Menschen deportiert. Das bedeutet, daß das Heim mit dem 1. Transport noch nicht vollständig geräumt wurde.

Quellen

  • 997
    997. Rita Meyhöfer , Berliner Juden und Theresienstadt , in: Theresienstädter Studien und Dokumente 1996 Academia-Verlag, , Prag , S. 41f.

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