Finanzierung des Ghettos

Das Ghetto Theresienstadt war ein Arbeits– aber auch ein Versorgungsghetto.

Das in Theresienstadt Produzierte konnte auch nicht im Ansatz die Kosten decken, die das Einsperren und der Unterhalt der Gefangenen kostete. Das Ghetto hat sich nie selbst erhalten, nie eine ´positive Handelsbilanz´ erzielt.

Die „Heimeinkaufsverträge“ zwischen bevorzugten reichsdeutschen Juden und der „Reichsvereinigung“ hatten der Gestapo ein großes Vermögen beschert. Aus diesem Titel wurden 109 Mill. RM auf das Konto der Böhmischen Unionsbank des „Jüdischen Auswanderungsfonds für Böhmen und Mähren“ überwiesen, der als Vermögensverwalter des Prager „Zentralamtes“ das Ghetto finanzierte. Diesem Fonds wurde auch das erpreßte und geraubte Jüdische Vermögen im Protektorat sowie das Vermögen der aufgelösten jüdischen Körperschaften in Berlin und Wien übergeben. Insgesamt soll der Fonds aus Deutschland 120, aus Österreich 8 Mill. RM erhalten haben.

Als Theresienstadt am 16. Februar 1942 durch eine Verordnung des „Reichsprotektors“ enteignet wurde, bestritt der Fonds die Mittel zum Ankauf des privaten, unbeweglichen Eigentums, darunter von 149 Wohnhäusern. Außerdem wurden 10 Häuser des Gemeindebesitzes übernommen. 12 Kasernen und 3 Häuser wurden vom Auswanderungsfonds gepachtet. An landwirtschaftlichen Grundstücken wurden 311,34 ha übernommen, davon 35,04 ha an die Kleine Festung verpachtet. Der Hauptteil mußte zum Nutzen der SS von der jüdischen Arbeitsgruppe „Landwirtschaft“ bearbeitet werden.

Es handelte sich um:

  • 70,98 ha Ackerland
  • 15,22 ha Gartenland
  • 2,10 ha Obstplantagen
  • 84,04 ha Wiesen
  • 73,36 ha Viehweiden
  • 1,60 ha Korbweideanlagen
  • 29,00 ha Wald
  • 276,30 ha zusammen

Dieser Erwerbszweig diente allein der SS und nicht den Juden. In den landwirtschaftlichen Bereich fiel auch die Viehzucht. Zu Kriegsende versorgten die Gefangenen:

  • 30 Pferde
  • 64 Rinder
  • 66 Schafe
  • 83 Schweine
  • 210 Hühner
  • 108 Gänse
  • 10 Truthühner
  • 1 Bienenvolk
  • 1 Seidenraupenzucht

Die Selbstverwaltung hatte über die nötigen Zuschüsse für das Lager kein Verfügungsrecht, darüber wurde in Berlin und Prag entschieden. Wahrscheinlich beliefen sich die Zuschüsse aus Berlin auf etwa 38 Mill. RM, der Geldbestand des Lagers bei Kriegsende 90 Mill. RM.

Dem Lager wurden im Februar 1945 150.000 RM an Löhnen gut geschrieben, im gleichen Monat betrugen die Ausgaben aber 775.000 RM, also blieben 625.000 RM ungedeckt. Die täglichen Unkosten für einen Gefangenen waren mit K 4.30 (RM 0.43) limitiert, doch wurden durchschnittlich im Jahre 1942 K 3.16 und 1943 K 3.71 ausgegeben, erst gegen Kriegsende wurde das Limit um K 0.16 überschritten. Wenn wir den Bestand der Gefangenen für Februar 1945 mit 15.000 Personen annehmen, erhalten wir 420.000 Tageskosten zu RM 0.45, das sind 189.000 RM, rund 36.000 mehr als die verdienten Löhne. Es ist aufgrund der noch vorhandenen Unterlagen nicht zu errechnen, wie hoch die Ausgaben tatsächlich waren, zumal die Ausgaben nicht nur die Gefangenen, sondern auch die SS und die Gendarmerie betrafen.

Die Finanzen des Lagers wurden aus folgenden Quellen gespeist.

  • Vom „Jüdischen Auswanderungsfonds“ mit jüdischem Eigentum.
  • Durch produktive Betriebe und Einzelleistungen der gefangenen Juden.
  • Mit den Einnahmen aus Landwirtschaft, Gartenbau und Viehzucht.
  • Durch Verpachtung jüdischer Arbeitskraft an auswärtige Firmen und Behörden.
  • Durch die Verwertung des in Theresienstadt und vorher in den Heimatorten konfiszierten jüdischen Eigentums.

Die drei Konten des Auswanderungsfonds unter dem Namen „Jüdische Selbstverwaltung Theresienstadt“ bei der „Böhmischen Unionsbank“ in Prag wiesen am 28. Februar 1945 folgende Guthaben auf:

  • K 287.693.130.00
  • K 308.716.130.00
  • K 308.716.130.00

Quellen

  • 55
    55. Hans Günther Adler , Theresienstadt 1941 - 1945, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft Mohr - Verlag, , Tübingen, 2. Aufl. 1960 , S. 429ff.

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