Der promovierte Germanist und Judaist Dr. Leo Fantl wurde am 25. Februar 1885 in Prag geboren. Er fand in Dresden eine Anstellung als Feuilletonredakteur bei den „Dresdener Nachrichten“. Er gehörte außerdem zu den aktivsten Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in Dresden, der er 20 Jahre lang angehörte. Mit seinem Fachwissen auf dem Gebiet der Synagogenmusik begleitete er interne sowie öffentliche Veranstaltungen der Gemeinde im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. In einem Synagogenkonzert, das 1915 unter seiner Leitung stattfand, führte er auch den 92. Psalm Franz Schuberts in Dresden auf. Leo Fantl verfasste mehrere Aufsätze zu Fragen der Synagogenmusik, in denen er sich einerseits zu seiner jüdischen Religion bekannte und andererseits sein Deutschtum bekräftigte. So schrieb er 1925 in der Zeit als er Leiter des Synagogenchors war im Gemeindeblatt der israelitischen Religionsgemeinschaft Dresden: „ Die Frage der Synagogenmusik ist die Frage des Gottesdienstes. Und mit der Frage des Gottesdienstes steht und fällt unser heutiges Judentum. Wenn wir den Dingen ehrlich ins Gesicht sehen wollen, so ist im Leben des deutschen Juden nur noch der Gottesdienst spezifisch jüdisch.“
Fantl wirkte mit, als der Mitteldeutsche Rundfunk am 10. April 1929 eine Sendung mit dem Dresdener Synagogenchor ausstrahlte. Sein einleitender Vortrag wurde später im Gemeindeblatt gewürdigt. Fantl war auch mit anderen Themen im Rundfunk präsent. Am 31. August 1932 sprach er zum Thema „Operette von heute“. Noch am 19. März 1933 leitete er ein Wohltätigkeitskonzert in der Synagoge unter Mitwirkung mehrerer namhafter Dresdener Künstler.
Im April 1933 wurde Fantl bei der Dresdener Zeitung entlassen, am 1. Juli 1933 offiziell gekündigt. Fantl verließ seine Wohnung in der Elisenstraße 2/II und flüchtete mit seiner Frau und seinen zwei Kindern aus Dresden. Bis zum Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Tschechoslowakei wirkte er in der israelitischen Gemeinde Reichenberg (Liberec) als Chorleiter, Verwaltungsbeamter und Schuloberhaupt.
In seiner Geburtsstadt Prag bemühte er sich 1938 und 1939 ergebnislos um die Ausreise nach Palästina, bis er schließlich bis Anfang des Jahres 1943 in der Prager israelitischen Kultusgemeinde in der Flüchtlingsfürsorge eine Tätigkeit fand. Er arbeitete daran, die Not anderer Menschen zu lindern, doch für ihn und für seine Familie fand er keinen Ausweg aus der beängstigenden Lebenssituation.
Aus seinem letzten Prager Zuhause Na Kopečku Nr. 1915 herausgerissen, wurde Leo Fantl am 5. Juli 1943 mit dem Transport De und der Nr. 411 von Prag nach Theresienstadt deportiert. Am selben Tag wurde auch seine Frau, Dr. Helene Fantlová, geb. am 25. Januar 1902 und ihre zwei Kinder (Bedřich: geb. 14. März 1928 und Brigitte: geb. 10. Oktober 1931) nach Theresienstadt gebracht. In demselben Transport wurde auch der tschechische Komponist und Pianist Karel Renner nach Theresienstadt deportiert. Mit dem hatte Fantl in der Prager jüdischen Gemeinde zusammengearbeitet. Fantl hatte keine Zeit, sich in Theresienstadt einzuleben und kulturell tätig zu werden. Das zu dieser Zeit mit 40.000 inhaftierten jüdischen Gefangenen überfüllte Lager, die Angst der Kommandantur vor einem Aufstand und schließlich die Verschönerungsaktion für den Besuch der Kommission des Internationalen Roten Kreuzes führten dazu, daß 5.000 Lagerinsassen am 6. September 1943 in dem Transport „Dm“ von Theresienstadt nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden, unter ihnen Dr. Leo Fantl und seine Familie. Nach der Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurden die Häftlinge nicht wie üblich selektiert. Der ganze Transport, auch die Familie Fantl, wurden im sogenannten Theresienstädter Familienlager untergebracht, wenn auch in geteilten Wohnblöcken. Familie Fantl überstand hier den Winter trotz Hunger, Kälte und Krankheit. Mit den anderen Gefangenen des Familienlagers wurden Leo Fantl, seine Frau und seine beiden Kinder in die Gaskammern getrieben und ermordet.