Das Krematorium am Jüdischen Friedhof

Im Frühjahr 1942 schon beschloß die Kommandantur des Ghettos den Bau eines Krematoriums. Der in einer Senke liegende Friedhof war grundwassergefährdet, oftmals wurden die Leichen in stehendes Grundwasser versenkt. Die SS sorgte sich um eine Verseuchung des Grundwassers. Die Bauarbeiten führten Ghettohäftlinge in der Zeit vom 4. Mai bis zum 7. September 1942 selbst aus. Die Herstellung der Ofenanlagen oblag der Firma Ignis Hüttenbau A. G. aus Teplitz-Schönau. Den Mittelbau nehmen die vier Verbrennungsöfen ein, die mit Dieselöl beheizt wurden. Der vordere Raum diente dem Abstellen der Särge mit den Toten, daneben befand sich der Obduktionsraum. Im Anbau an das Hauptgebäude waren die notwendigen Nebenräume für die Wachmannschaft, die hier ständig Dienst versah, und für die Arbeiter des Krematoriums untergebracht. Zur Zeit der größten Sterblichkeit arbeiteten hier 18 Personen in Tag- und Nachtschichten. Der Betriebsablauf wurde oft von Scharführer Haindl überwacht, auch die Kommandanten überzeugten sich oft vom Ablauf der Arbeiten im Krematorium.

Nach der Fertigstellung wurde das Krematorium schrittweise in Betrieb genommen und im Oktober arbeiteten schon alle vier Öfen mit einer Kapazität von 180 Leichen täglich. In dieser Zeit starben etwa 120 Häftlinge pro Tag, einen Monat zuvor (September 1942) waren insgesamt 3.941 Personen im Ghetto gestorben.

Die im Krematorium diensthabenden Häftlinge schoben den Leichnam auf einem Brett (Sargunterteil) in den Verbrennungsofen. In dem Obduktionsraum wurde in vielen Fällen die Todesursache festzustellen versucht. Die Arbeiter mußten in der Asche nach Goldbruchstücken (Zahnkronen und Prothesen) suchen, diese aufsammeln und der SS-Kommandantur übergeben.

Tagesprotokolle wurden über den Ablauf der Kremation angefertigt, die Asche in Pappschachteln geschüttet, die mit den Angaben des Toten (Name, Transportnummer, Kremationsnummer) versehen waren. Dann durften die Urnen im Krematorium eingelagert werden. Das Kolumbarium befand sich gegenüber den Zeremonienräumen des Ghettos. Hier standen in Holzregalen Tausende von Urnen nebeneinander. Den Innenraum des Kolumbariums durften die Häftlinge nicht betreten.

In dem Krematorium wurden jedoch nicht nur die Toten des Ghettos, sondern auch die Opfer aus der Kleinen Festung und aus dem > KZ Richard bei Litoměřice verbrannt, bis dort im April 1945 ein eigenes Krematorium seine Arbeit aufnahm. Die Verbrennung der Leichen aus der Kleinen Festung wurde von Aufsehern aus dem Gestapogefängnis überwacht, damit die im Krematorium arbeitenden Häftlinge die Toten nicht erkennen konnten. Oftmals wurden sie in Säcken „angeliefert“, aus denen noch Blut quoll, was darauf hindeutete, daß sie eines gewaltsamen Todes gestorben waren.

Etwa 30.000 Menschen sind nach Auskunft des von den Häftlingen sorgfältig geführten Registers in diesem Krematorium eingeäschert worden.

Heute ist das Krematorium eine Gedenkstätte und für Besucher geöffnet.
Durch die Augustflut des Jahres 2002 schwer beschädigt, wurde es in mühevoller Arbeit renoviert.

Inschrift in der Vorhalle des Krematoriums

In der Vorhalle des Krematoriums, über dem Eingang zum eigentlichen Einäscherungsraum, steht in schwarzen hebräischen Buchstaben folgender Text, der wahrscheinlich erst nach der Befreiung angebracht wurde:

„Gott gab, Gott nahm.
Es werde sein Name verherrlicht.
Ewig schade um diejenigen,
die eingingen und die zurückblieben.

Quellen

  • 466
    466. Ludmila Chládková , Der Jüdische Friedhof in Theresienstadt Oswald-Verlag, , Prag 1999 , S. 34f.
  • 467
    467. Recherche Jürgen Winkel

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