Eva Stichová (geb. Beldová) wurde 1927 in Nový Bohumín geboren.
Am 8. September 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, blieb hier bis zum 4. Oktober 1944. Zusammen mit 1.500 anderen Häftlingen wurde sie am 4. Oktober mit dem Transport En nach Auschwitz deportiert. Sie blieb nur wenige Tage dort, überstand die Selektion und wurde zusammen mit anderen jüdischen Frauen mit einem Transport am 14. Oktober 1944 nach Freiberg/Sachsen deportiert, wo sie als Zwangsarbeiterin in einer Flugzeugfabrik arbeiten mußte. Zu ihrer Gruppe gehörte auch Helga Weissová.
Am 13. April, als die Front näher rückte, wurde das Zwangsarbeiterlager aufgelöst und die Frauen über Böhmen nach Österreich gebracht. Am 28. April 1945 erreichte der Transport Mauthausen. Hier wurde sie am 5. Mai von US-amerikanischen Truppen befreit. Am 19. Mai 1945 konnte sie das Lager verlassen. Sie lebt in Prag, war später als Lehrerin tätig.
Aus einem Gespräch mit Eva Stichová, notiert von Hans Joachim Wolter, Wittingen:
„Jeder ist für sich selbst und seine eigenen Taten verantwortlich. Rache bringt nur endloses Leid.
Ich verbrachte 30 Monate meines Lebens in Konzentrationslagern, war in Theresienstadt, in Auschwitz, in Flossenbürg, Außenlager Freiberg (Sachsen) und in Mauthausen, Österreich.
Meine Theresienstädter Zeit verbrachte ich als 15Jährige im Mädchenheim L 410 für 12-15Jährige neben der Kirche. Etwa 15 Mädchen wohnten in einem Zimmer. Zur Einrichtung gehörten die Schlafpritschen und ein Tisch. Die Betreuerinnen wohnten zusammen in einem Zimmer. Während des Tages arbeiteten sie im Zimmer der betreuten Mädchen.
Schon die 13-14jährigen Mädchen wurden zu leichter Garten- und Feldarbeit herangezogen. Wenn keine Landwirtschaft möglich war, mussten wir Steine aufsammeln oder beispielsweise im Magazin die Sellerieernte putzen. Arbeitsende war gegen 18.00 Uhr. Dann wuschen wir Mädchen uns so gut es ging und versuchten, unsere unterbrochene Schulbildung fortzusetzen. Wenn wir nicht arbeiten mussten, vertrieben wir uns die Zeit mit Zeichnen, Singen, Theater spielen und mit Unterricht durch Wissenschaftler, die ebenfalls in Theresienstadt inhaftiert waren. Gedichte wurden geschrieben, gelernt und aufgesagt, Geschichten wurden erzählt.
Diese Aktivitäten waren teilweise illegal, wurden teilweise jedoch auch von der SS geduldet.
Arbeitstage waren die Wochentage Montag bis Samstag, Ruhetag war der Sonntag, obwohl für uns Juden der Samstag Feiertag war. Dieser Ruhetag (Sonntag) wurde vorwiegend für Hygiene und Körperpflege genutzt.
Abends gab es das in den Gemeinschaftsküchen zubereitete Essen, Suppen und trockenes Brot, mittags konnten wir in der kurzen Pause nur etwas vom Vortag aufbewahrtes Brot essen, da ich in der Landwirtschaft außerhalb des Ghettos arbeitete. Die Essensrationen waren sehr klein. Manchmal durften wir Mädchen auch Pakete von den Eltern oder Verwandten empfangen.
Ich arbeitete über ein Jahr in der Landwirtschaft und konnte dadurch wiederholt zusätzliche Nahrung auch für die anderen organisieren. Als ich eines Tages eine Gurke in meinen Stiefel steckte, wurde ich von einem SS-Mann erwischt: Ich bekam eine andere Arbeit zugewiesen und wurde in den nächsten Transport nach Auschwitz eingereiht.
Bevor ich nach Theresienstadt kam, gehörte ich dem tschechischen Widerstand an und verteilte Flugblätter. Nach meiner Verhaftung meldeten sich meine Eltern vergebens freiwillig. Sie kamen später nach Theresienstadt, fuhren aber sehr bald weiter nach Auschwitz, wo sie umkamen.
Wenn ein neuer Transport in Auschwitz ankam oder Selektionen stattfanden, erhielten die SS-Wachmannschaften Sonderrationen.
In Mauthausen wurde ich befreit.“
Anmerkung Karl Heinz Wolters: Eva Stichová wollte in diesem Gespräch nicht über ihre Zeit in Auschwitz sprechen.