Roessler, K.G.

Aus dem Briefbericht von K. G. Roessler, Ludwigshafen 1956:

Im Februar 1943 wurde die Großmutter des halbjüdischen Autors, 83 Jahre alt und gebrechlich, von Plauen aus nach Theresienstadt deportiert. Vorher gelang Roessler ein Besuch im Gefängnis: „Es war einer der erschütterndsten Momente meines Lebens, als ich in einer dunklen Zelle, in Nachbarschaft von Dirnen, meine alte und so überaus würdige Großmutter auf einer alten Seegrasmatratze auf dem Boden liegen sah. Sie klagte nicht, so war es immer ihre Art.“ Roessler versprach ihr, wenn möglich, einen Besuch in Theresienstadt, den er am 8. oder 9. April 1943 versuchte, ohne zu wissen, daß die Großmutter knapp zuvor gestorben war. Er ging von Bauschowitz zu Fuß nach Theresienstadt und gelangte wirklich bis zur Kommandantur. „Ich fragte den Posten, wie ich zur Kommandantur gelangen kann. Er antwortete mir: ´Die Straße entlang zum Markt!´ Ohne einen Ausweis zu zeigen, ging ich einfach durch die Absperrung.... Unterwegs traf ich eine Gruppe Juden und sprach sie an. Diese zeigten sich sehr ängstlich und sagten, sie dürften nicht mit ´Ariern´ sprechen. Ich erklärte, daß ich selbst jüdischer Abstammung sei und um meine Großmutter zu sehen, auf dem Weg zur Kommandantur wäre. Die Angesprochenen schlugen nur die Hände über dem Kopf zusammen, sagten ´Um Gotteswillen!´ und gingen schnell weiter."

Es gelang Roessler, bis zu Seidl vorzudringen. Er „sagte zunächst gar nichts. Dann aber schrie er mich plötzlich an, was ich denn für eine Frechheit besäße und wie ich denn hereinkäme. Ich antwortete ruhig aber bestimmt, daß ich nicht mit illegalen Mitteln eingedrungen sei...Es sei mir bekannt, daß er als Kommandant selbstverständlich die Möglichkeit habe, mir die ‚Sprecherlaubnis’ zu verweigern. In diesem Fall bitte ich ihn, mir einen Passierschein aus dem Lager zu geben. Ein neues Donnerwetter brach los, und er schrie, ich solle mich aus dem Hause scheren, machen, daß ich fortkäme, einen Passierschein bekäme ich nicht, alles andere sei ihm egal.“ Auf abenteuerliche Weise glückte die Flucht aus Theresienstadt. Später wurde Roesslers Mutter nach Theresienstadt deportiert, die er Ende Mai 1945 von dort mit seinem Motorrad abholte.

Quellen

  • 726
    726. Hans Günther Adler , Theresienstadt 1941 - 1945, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft Mohr - Verlag, , Tübingen, 2. Aufl. 1960 , S. 801.

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