aus dem Prominentenalbum der Jüdischen Selbstverwaltung vom 1. Januar 1944
siehe auch Prominente und Das Theresienstadt-Konvolut
Henriette Beck, geborene Falkenstein, wurde am 13. März 1869 in Mannheim geboren. Sie war deutsche Staatsbürgerin, war mit dem Arier und Hofrat Dr. Otto Beck verheiratet, der Theaterdirektor in Bonn und München war. Dann verwitwet. Seit 1887 nahm Henriette Beck Gesangsunterricht bei Frau Jachmann-Wagner. 1890 war sie als Opernsängerin in Köln tätig, 1892 am Hoftheater in Dessau, seit 1892 Konzertsängerin. Zwischen 1914 und 1918 leitete sie ein Verwundetenheim. Sie bekam als Kriegsauszeichnung das Ludwigskreuz. In Theresienstadt gestorben am 3. Januar 1945.
„12 Jahre Direktion des Stadttheaters in Bonn und 9 Jahre Volkstheater in München. Während des Weltkrieges leitete sie ein Verwundetenheim, arrangierte zahlreiche wohltätige Morgenaufführungen im Volkstheater in München, woselbst sie auch eine Goldstelle einrichtete. Veranstaltete Aufführungen in Lazaretten und wurde hierfür mit dem Ludwigskreuz ausgezeichnet. Beziehungen zu Staatsrat Tietjen, Jannings, Klöpfer etc.. Die Gattin von Reichsmarschall Göring war 1914 – 15 am Theater der Eheleute engagiert. Von da ab datiert die Bekanntschaft, die auch darin ihren Ausdruck fand, daß Frau Göring Herrn Beck zu dessen 85. Geburtstag im Jahre 1941 ihr Bild und das ihres Kindes zusandte.“
„In diesem Milieu traf ich die heitere Hofrätin Beck aus München. Eine Schülerin der Jachmann-Wagner, als Opern-und Konzertsängerin zu ihrer Zeit gefeiert und im 1. Weltkrieg für Verwundetenbetreuung hoch dekoriert. Jetzt hatte es sie aus ihrer repräsentativen Wohnung in der Widenmayerstraße hierher verschlagen, nachdem ihr Mann, der Theaterdirektor und spätere bekannte Theateragent Hofrat Otto Beck, verstorben war (....) Sie war seit April 1943 im Lager, und sie hatte noch Reserven an Mut. Ihre 74 Jahre sah ihr niemand an. Die warmherzige Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft, waren für ihre Umgebung eine Wohltat. Wenn Avisa für Päckchen verteilt wurden, wartete sie geduldig, daß eins für sie dabei war, aber es kam keins. Sie wurde immer dünner, immer stiller, schließlich konnte sie nicht mehr aufstehen vor Schwäche. Da kam im Winter 44/45 ein Paket. Aus Schweden. Ich weiß nicht von wem, ich weiß auch nicht, ob sie sich darüber noch gefreut hat, aber ich weiß, daß sie die Milchprodukte, die es enthielt, aus denen man ihr einen Pudding bereitet hatte, nicht einmal mehr teelöffelweise zu sich nehmen konnte, der fortgeschrittenen Darmkrankheit wegen, die das letzte Stadium vorm Verhungern ist.
„Als ich zum ersten Mal wieder im Prominentenhaus arbeitete, verschwand die Hofrätin Beck geheimnisvoll im Keller, um gleich darauf leichtfüßig wiederzukehren. Da – nehmen Sie, flüsterte sie, und aus ihrer blauen hausfraulichen Trägerschürze wechselte ein Häufchen Brennholz in die Tasche meiner Arbeitsschürze über. Tun Sie’s weg, muß nicht jeder sehen- riet sie mir noch. Was sollte ich tun ? Die Hofrätin Beck aus der Widenmayerstraße in München, war für mich schleusen gegangen.“
„Eine Spur feierlicher gestaltete sich die Abschiedsstunde für die Hofrätin Beck an einem frostigen Morgen. In der gleichen Redoute, die zu einer Art Aussegnungshalle bestimmt zu sein schien. Dr. Artur Goldschmidt aus Reinbeck im Sachsenwald, der sich der Belange der evangelischen Christen angenommen hatte, sprach Worte der Würdigung, die der Herzenswärme der Verstorbenen und ihrer ausgeglichenen Heiterkeit nicht im geringsten gerecht werden konnten. Drei rohe Holzkisten standen ordentlich ausgerichtet, angeblich war es die mittlere. Jemand hatte ein kleines Gebinde aus Tannengrün darauf gelegt, vielleicht Eugeni Gorter, die Zimmergenossin, die Frau Beck zuletzt gepflegt hat. Es hätte die Hofrätin zu Lebenszeiten erfreut, aber da hätte sie es nicht besitzen dürfen.“
„Mitte Januar, vier Monate vor der Befreiung, die sie so inbrünstig zu erleben gewünscht hat, verhungerte die liebe Hopfrätin Beck neben ihrem ersten Schwedenpaket, das etwas zu spät eingetroffen war.“