Alle Häftlinge im Ghetto Theresienstadt mußten arbeiten. Freigestellt von der Arbeit waren nur die Prominenten oder Kranken. Eine Abteilung des Ältestenrates kümmerte sich um die Organisation und um die Einteilung.
Charlotte Guthmann-Opfermann berichtet:
„Zu Anfang wurde jeder in die Arbeitskolonne eingeteilt, zum Putzen oder anderen sich täglich wiederholenden Gruppenarbeiten. Wenn wir erst vom Arbeitsprogramm erfasst wären, so sollten wir Augen und Ohren offen halten nach Möglichkeiten, die entweder mit der Verpflegung oder mit der Verwaltung zu tun hätten. Die meisten dieser Dienste wurden von den Häftlingen gehalten, die schon lange in Theresienstadt waren. Diese Leute hatten die ärgsten Zeiten überlebt und halfen sich gegenseitig oder persönlichen Bekannten, „bessere“ oder weniger gefährliche Arbeit zu verrichten.
Die Arbeit in dem Sägewerk z. B. war gefährlich. Dort wurden Betten und Bänke für den Lagerbedarf hergestellt. Die Maschinen waren nicht im besten Zustand, und die neuankommenden Arbeiter waren nicht besonders geschult und dieser Arbeit oftmals nicht gewachsen. Eine meiner Nachbarinnen hat später dort gearbeitet und sie erzählte mir, sie habe beim Schichtwechsel mehrere Finger neben der Säge gefunden. Niemand hat ihr das erläutert. Wahrscheinlich hatte ein Kollege oder eine Kollegin einen Betriebsunfall in der vorhergehenden Schicht. Aber das Leben war so wertlos, daß niemand weiter darauf achtete.
Die Arbeit in der Glimmerfabrik hatte irgendetwas mit Kriegsvorbereitungen zu tun. Man hantierte mit Asbest und anderen gesundheitsschädlichen Materialien. Diese Arbeit war „ungesund“, man riskierte Krebs und andere Erkrankungen, aber man erhielt dafür eine etwas größere Ration Brot. Krebs später im Leben oder andere Erkrankungen waren für uns aber nicht so furchterregend wie die laufenden Abtransporte, denn keiner von uns machte sich Hoffnung, später einmal ein reifes Alter zu erleben. So riskierte man schon gerne irgendwelche Krankheiten in der (wohl nie zu erlebenden) Zukunft, im Austausch gegen etwas mehr Brot in der Gegenwart, denn der tägliche Hunger schmerzte mehr als die Furcht vor einer späteren Erkrankung. (...)
Landwirtschaftsarbeit war „gut“. Man konnte manchmal Gurken, Rüben, Bohnen oder eine Kartoffel stehlen und sich damit etwas bei der Verpflegung helfen. Allerdings wurden die Arbeitskolonnen beim Aus- und Einmarsch von der Lagerwache am Lagertor genauestens kontrolliert, und wenn man mit einer Kartoffel oder Rübe erwischt wurde, so gab es harte Strafen.
Arbeitsplätze oder Wohnquartiere wurden ständig frei durch die häufigen Abtransporte, durch Erkrankung oder Tod anderer Häftlinge. Eugenie erklärte uns, warum es notwendig wäre, sich um diese Arbeitsplätze zu bemühen. Es war die einzige Möglichkeit, sich das Leben etwas zu erleichtern und mit einiger Berechtigung hoffen zu können, diese harte Zeit zu überleben. (...)
Am Nachmittag meldete ich mich zur Arbeitskolonne. Ich wurde zur Putzarbeit eingeteilt in einer Gruppe von Häusern, wo Alte und bettlägerige Häftlinge wohnten. Wir konnten aber nicht richtig putzen, denn es gab – wie gewöhnlich – kein Wasser. So fegten wir die Gänge und halfen den Leuten, in ihren Zimmern aufzuräumen. Mir wurde gesagt, ich solle mich am nächsten Morgen beim „Jugendeinsatz“ (für Insassen unter 18 Jahren) in der Unterkunft L 218 melden. Dort war eine Gruppe von Häusern als Unterbringung von jungen Männern von etwa 12-18 Jahren zugeteilt worden. Im Hinterhof war das Büro zum Einsatz der Jugendlichen in die Arbeitseinsatzprogramme des Lagers".<#špatný link#>