Die Villa der Familie Russo stand in Wernigerode in der Feldgasse Nr. 7, dicht hinter den Gleisen der Bahnlinie, die Wernigerode mit dem Brocken verband.
Die Familie Russo war angesehen in Wernigerode. Ihre kleine Fabrik produzierte u.a. Harzer Käse und lieferte diesen auch an die deutsche Wehrmacht. Dann wurde der Betrieb arisiert, die Russos mussten die Villa verlassen, in eine kleine Wohnung (Lindenbergstraße 30) ziehen, den gelben Stern tragen. Im Winter 1942 wurden die Russos mit dem Transport XX/2 – 147 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Benno Russo starb dort am 18. April 1943. Seine Frau Clara, ehedem eine bekannte Opernsängerin, wurde nach Auschwitz deportiert, wo sie in den Gaskammern umkam.
Die Geschichte der Familie Russo war damit beendet, nicht aber die Geschichte der Villa, denn die steht heute noch. Bei einer Zwangsversteigerung erstand im Jahre 1936 ein Schweizer die Villa, veräußerte sie 1938 für 59.000 RM an einen Paul Rockstedt. Vielleicht war der Schweizer auch nur ein Strohmann gewesen, denn Rockstedt war aktives NSDAP-Mitglied und sein Bruder ein Gestapomann in Wernigerode. Die braune Vergangenheit der Rockstedts, die sich nach dem Krieg in den Westen absetzten und sich dort einen „Persilschein“ geben ließen, waren für die SED ein Grund, die Villa 1948 zu beschlagnahmen. 1990, nach der Wende, machte ein Enkel der Rockstedts seine Ansprüche auf die Villa geltend. Dann tauchten Verwandte der Russos aus England auf, die bereit waren, auf das Erbe zu verzichten, wenn der Landkreis Wernigerode eine Gedenktafel an dem Haus anbringt, die an die Ermordung der Millionen Juden erinnert. Aber es gab noch andere Interessenten und so wurde weiter gestritten. An der Villa prangt inzwischen eine Tafel, aber es ist ein Firmenschild und keine Gedenktafel.
siehe auch einen Artikel in der Volksstimme.