Wiener Jude, der die Verfolgung und Lager überstand. Gegen Reisz wurde am 15. Oktober 1945 vom Leiter der Wiener Staatspolizei eine Anklage bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Wilhelm Reisz war während der Nazizeit dem SS-Scharführer Herbert Gerbing unterstellt gewesen. Unter Gerbing war Reisz an den sogenannten „Judenaushebungen“ beteiligt gewesen. Er hatte mit Gerbing zusammen jüdische Menschen, die für die Deportation u. a. nach Theresienstadt bestimmt waren, in ihren Wohnungen aufzuspüren, ihren Namen zu notieren und ihnen beim Packen zu helfen. Das Verhalten von Reisz, so der Leiter der Staatspolizei, sei deswegen so verwerflich, da er dies tat, „um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen“. Das österreichische Volksgericht befand Reisz für schuldig und verurteilte den Überlebenden zu 15 Jahren Gefängnis. Fünfzehn Jahre für einen Juden, der kurz vorher von den Nazis noch zum Tode verurteilt gewesen war und der dem Massenmord nur entging, weil er sich dem Scharführer Gerbing unentbehrlich gemacht hatte. Reisz erhängte sich nach der Urteilsverkündung in seiner Zelle.
Herbert Gerbing wurde nicht verurteilt, er war verschwunden.