Neuengamme

Neuengamme war ein am Stadtrand von Hamburg gelegenes Konzentrationslager, in das auch etliche Theresienstädter Häftlinge zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Ursprünglich war hier ein Außenkommando des KZ Sachsenhausen untergebracht.

Der erste Transport von Häftlingen zum Aufbau des Lagers traf am 13. Dezember 1938 aus Sachsenhausen ein. Die Häftlinge wurden in einem stillgelegten Klinkerwerk untergebracht. Dieses Klinkerwerk war der Grund für die Errichtung des Konzentrationslagers in Hamburg, wo sich bisher nur kleinere Lager befunden hatten (Wittmoor, Fuhlsbüttel). Die SS beabsichtigte, das Klinkerwerk wieder in Betrieb zu nehmen, die Produktion sollte vor allem der Stadt Hamburg für geplante gewaltige Repräsentativbauten dienen.

Im April 1940 schlossen die Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH – ein Wirtschaftsunternehmen der SS – und die Stadt Hamburg einen Vertrag ab, der vorsah, mit Häftlingsarbeit das Werk bedeutend zu vergrößern, einen Stichkanal von einem Seitenarm der Elbe sowie einen Eisenbahnanschluss für das Werk anzulegen. Erst jetzt wurden Häftlingsbaracken errichtet, die Zahl der Häftlinge erhöhte sich auf etwa 1.000. Ab Juni 1940 führte die SS Neuengamme als eigenständiges Konzentrationslager. Seit dem Herbst 1941 wurden Tausende von sowjetischen Kriegsgefangenen dorthin deportiert. Die sowjetischen Staatsbürger bildeten mit 34.500 Häftlingen (darunter 5.900 Frauen) schließlich die größte nationale Gruppe des Lagers. Schon 1942 nahmen private Firmen, u.a. die Waffenfabrik Walther, die Rüstungsproduktion in Neuengamme auf, zahlreiche Nebenlager entstanden als wichtige Rüstungszentren, vor allem in der Hamburger und Bremer Maschinenbau- und Werftindustrie, sowie in Hannover und in dem Gebiet um Braunschweig, in dessen Nähe das Volkswagenwerk (Wolfsburg) sowie die Hermann Göring Werke (Salzgitter) aufgebaut wurden. 1945 existierten 70 Nebenlager. Die Mehrzahl der neueingelieferten Häftlinge kam in diese Nebenlager. Allein im Hauptlager stieg die Zahl der Häftlinge bis 1944 auf 12.000 an. Wahrscheinlich mehr als doppelt so viele Häftlinge waren zu dieser Zeit in den Außenkommandos untergebracht. Ab Sommer 1944 brachte man riesige Transporte mit jüdischen Häftlingen dorthin, hauptsächlich aus Ungarn und Polen, darunter befanden sich auch viele ehemalige Theresienstädter Gefangene. Etwa 13.000 jüdische Häftlinge passierten 1944 und 1945 das Haupt- und Nebenlager (darunter 3.000 Frauen).

Nach fundierten Schätzungen wurden etwa 106.000 Häftlinge nach Neuengamme deportiert. Neuengamme hatte eine im Vergleich zu anderen im alten Reichsgebiet gelegenen Konzentrationslagern hohe Sterblichkeitsrate, besonders in den Außenwerken des Klinkerwerks. Es ist davon auszugehen, daß mindestens 55.000 Häftlinge im Lager und seinen Außenkommandos gestorben sind. Von Mitte bis Ende April 1945 wurde das Stammlager evakuiert, nachdem schon vorher die meisten Außenkommandos geräumt worden waren .

Quellen

  • 599
    599. Enzyklopädie des Holocaust Bd. II Piper, , München/Zürich 1998 , S. 996f.

zurück zur Übersicht