Manes, Philipp

Berliner Jude, der 1943 einen Bericht über „Letzte Berliner Tage“ schrieb. Der „Tatsachenbericht“, von Februar bis Oktober 1944 geschrieben und fast 1000 Seiten lang, bietet einen Querschnitt über das Leben im Lager, eigene kulturelle Tätigkeit usw.

Manes kam am 29. Juli 1942 nach Theresienstadt und, obwohl etwa 70 Jahre alt, wurde er mit dem letzten Auschwitztransport am 28. Oktober 1944 in den Tod geschickt.

Manes war ab 1. August 1942 Leiter des „Orientierungsdienstes“ im Ghetto, ein derartiger Dienst war nötig geworden, weil viele ältere und z. T. verwirrte Personen sich im Ghetto verirrten und ihr Schlafstelle nicht wiederfanden. Seit dem 1. Juli 1943 wurde er „Hilfsdienst der Ghettowache“ genannt. Er begann mit 12 Mitarbeitern und erreichte 1943 einen Höchststand von 45 Männern und 10 Frauen. Fast alle Mitarbeiter waren über 60 Jahre alt. Am 1. Februar 1944 kam es zur Auflösung. Die meisten Mitglieder wurden vom Ordnungsdienst übernommen.

Die kulturelle Tätigkeit von Manes begann mit einem eigenen Vortrag am 21. September 1942 und wurde mit dem Einsetzen der Herbstransporte, Ende September 1944, abgeschlossen. Offiziell hieß es „Vortragsreihe des Ordnungsdienstes“, seit dessen Auflösung - nominell jetzt zur „Freizeitgestaltung“ gehörig - „Vortragsreihe Gruppe Manes“, der drei Helfer zugebilligt wurden. Am 6. August 1944 fand der 500. Vortrag statt: Leo Baeck über „Lebensalter“. Bis dahin hatte Manes 367 Vorträge, 116 dramatische Lesungen und 17 Sondervorstellungen organisiert. Zweimal rief er zu Lyrikwettbewerben auf, beide Male gingen um die 200 Gedichte ein.

Philipp Manes war ein Mann strenger Rechtlichkeit, optimistischer Tatkraft und feiner Beobachtungsgabe. Er erlag jedoch, wie viele ältere deutsche Juden, einem tragischen Irrtum in Bezug auf die Haltung der SS, deren abgrundtiefe Gemeinheit er bis zum bitteren Ende nicht wahrhaben wollte. Zeugnisse aus dem „Tatsachenbericht“ belegen dies.

Literaturwettbewerb der Gruppe Manes

Die von Philipp Manes geleitete „Gruppe Manes“ veranstaltete im Sommer 1944 einen Wettbewerb für Gedichte in deutscher Sprache, an dem sich rund 3.000 Menschen beteiligten. Ungefähr acht Autoren wurden prämiert und einige weitere lobend erwähnt. Sie erhielten ein Diplom, ein Buch und nach dem üblichen Prämiensystem der „Freizeitgestaltung“ eine kleine Zuteilung von Lebensmitteln. Gedichte der ausgezeichneten Autoren wurden an einem Abend vorgelesen.

Nachfolgend ein Anerkennungsbrief der Gruppe Manes an Frau Gertrud Spiess:

Frau Gertrud Spiess
Wir haben Ihnen für Ihr Gesamtwerk, das in Theresienstadt entstanden ist,

eine ehrenvolle Erwähnung

zuerkannt.

Ihre schöne Begabung, die lebendig zu formen versteht, Ihre dem Edlen und Guten im Menschen zugewandte Seele hat auch hier hinter Mauern nichts von dem Ziele verloren, dem Höchsten zuzustreben, und was der Tag und oft die Nacht Ihnen zuträgt, dichterisch zu gestalten.

Hierfür

Herzliche Anerkennung

Auszusprechen, soll dieses Blatt Ihnen sagen.

Theresienstadt, am 3. August 1944

Professor Dr. Emil Utitz

Freizeit-Gestaltung „Gruppe Manes“

Philipp Manes

Quellen

  • 549
    549. Hans Günther Adler , Theresienstadt 1941 - 1945, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft Mohr - Verlag, , Tübingen, 2. Aufl. 1960 , S. 775f.
  • 971
    971. Hans Günther Adler , Die verheimlichte Wahrheit Mohr Verlag Tübingen 1958, , S. 255

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