Kolmar, Felix

Felix Kolmar wurde am 24. November 1941 als Jude verhaftet. Mit 241 anderen Männern wurde er nach Theresienstadt deportiert. Kolmar war der erste Häftling im ersten Transport nach Theresienstadt, dem sogenannten Aufbaukommando. Er und die anderen Häftlinge hatten die Aufgabe, Theresienstadt in ein Ghetto zu verwandeln, in dem statt 7.000 Bürgern 10.000–70.000 Menschen hausen sollten. Er und seine Freunde mußten den Galgen zusammenzimmern und in einem Kasernenhof aufstellen.

Felix Kolmar hat in Theresienstadt geheiratet, hier im Ghetto starb seine Mutter. Er selbst schloß sich einer Untergrundorganisation an, fand einen unterirdischen Gang nach draußen. Er floh aber nicht, um das Geheimnis dieses Fluchtweges für später zu schützen.

Am 16. Oktober 1944 kam Felix Kolmar in einen Transport nach Auschwitz. Bis zu diesem Zeitpunkt genoß er als Mitglied des Aufbaukommandos das Privileg des Transportschutzes. Es war der Tag, an dem ein SS-Mann seine Frau vor dem Tod bewahrte, weil er sie mit einem Stock von dem Waggon wegprügelte. „Keine Frau aus meinem Transport hat Auschwitz überlebt, er hat sie gerettet“, sagt Kolmar, „so wie Mengele mich gerettet hat. Er stellte mich auf die gute Seite, bei jeder Selektion.“ An die Zeit in Auschwitz will oder kann er sich nicht erinnern. Er wurde irgendwann für die Schwefelminen eingeteilt und er wußte, daß niemand daraus zurückkehrte. In der Nacht vor dem Transport wurden die Häftlinge von der SS mit Schüssen auf die Rampe von Birkenau getrieben. Auch andere Waggons standen dort. In einem dieser Waggons sah Kolmar Gesichter aus Theresienstadt. In diesen Waggon flüchtete er.

Der Zug fuhr nach Friedland, in ein Nebenlager des KZs Groß-Rosen in Schlesien. Auch wenn viele Häftlinge dieses Lagers starben, war es kein Vernichtungslager. Die Häftlinge waren hierher gebracht worden, um eine unterirdische Fabrik zu bauen, doch der Plan wurde fallengelassen. Kolmar kam als Sklavenarbeiter in das Propellerwerk Hermann Göring. Hier mußte er Propellerhälften pressen und in die Lagerhalle schleppen, zwölf Stunden am Tag, ohne Pause, ohne Essen. Auch Zwangsarbeiter arbeiteten in der Fabrik aber zu den Sklavenarbeitern aus Auschwitz durften sie keinen Kontakt haben, ein Gitter trennte sie. In Friedland erlebte er das Ende des Krieges. Noch in der Nacht zum 9. Mai wollte in dieser Gegend die deutsche Wehrmacht nicht aufgeben, sie kämpfte weiter. Eine Bombe traf das Elektrizitätswerk, das den Zaun des Lagers speiste. 200 Häftlinge, auch Kolmar, flohen durch den toten Zaun zu den Sowjets. Die Häftlinge, die geblieben waren, wurden von der SS erschossen. Kolmar ging zurück nach Prag, studierte, wurde Professor für Physik an der Universität. Im Jahre 1999 gehörte er der Kommission an, die mit deutschen Regierungsstellen über die Höhe der Entschädigung für Naziopfer verhandelte.

Ich traf ihn 2002 im Krematorium in Theresienstadt, traf ihn während unserer Osterfahrt 2005 erneut am Krematorium in Theresienstadt. Ich sprach ihn an, erzählte von unseren work camps, von der Sühnezeichenarbeit und er freute sich über die Begegnung, erzählte, daß er vom Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeladen worden sei, nach wie vor viele Vorträge halte und nur noch selten nach Theresienstadt kommt.

Quellen

  • 448
    448. Süddeutsche Zeitung v. 27 , Oktober 1999 S. 3,
  • 449
    449. Recherche Jürgen Winkel

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