Die Altneusynagoge

Die Altneusynagoge befindet sich in der Červená ulice. Sie ist eine der ältesten gotischen Gebäude Prags, das geistige Zentrum der jüdischen Gemeinde Prags. Die Altneusynagoge gehört zu den ältesten Synagogen Europas. Trotz aller Sanierungsbestrebungen hat dieses Gebäude seine mittelalterliche Atmosphäre erhalten. Die Synagoge steht an ihrem ursprünglichen Standort, einige Meter unter dem Niveau der übrigen Straßen der Altstadt, in einer Straße, die spätestens vom 17. Jahrhundert an Řezniká ulice (Fleischergasse) genannt wurde. Ganz in der Nähe standen rot angestrichene Fleischerläden. Davon leitet sich der heutige Name, Červená ulice (Rote Gasse), ab.
Die Synagoge wurde zwischen 1270 und 1280 gegründet und ihr Bau hängt wahrscheinlich mit den Privilegien zusammen, die den Prager Juden im Jahr 1254 von Přemysl Otokar II. gewährt wurden. Es ist ein zweischiffiger Bau. Dieser Baustil hat eine alte Tradition, wurde er doch bereits beim Bau der romanischen Synagoge in Worms gegen Ende des 12. Jahrhunderts und wenig später bei einem ähnlichen Bau in Regensburg in Anwendung gebracht. Nach gewissen übereinstimmenden Bauelementen kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich die Zisterzienserbauhütte am Bau der Synagoge beteiligt hat, die auch Klöster in der Umgebung errichtete.

Über eine Stiege steigt man in den Vorraum der Synagoge herab, einem länglichen Raum, der an die Südseite des Doppelschiffs der Synagoge anschließt. Er hat ein Tonnengewölbe, dessen Felder plastische Gewölberippen bilden. Das Portal zum Hauptschiff ist mit einem Relief von Weinblättern und -trauben geschmückt, die auf den spiralförmig zusammengedrehten Zweigen eines Baumes wachsen und wahrscheinlich die eine gemeinsame Wurzel der 12 Stämme Israels symbolisieren. Das eigentliche Bethaus überrascht durch seinen relativ ausgedehnten Raum. Zwei achteckige Pfeiler teilen den rechteckigen Raum in zwei Schiffe. Die Synagoge wurde im Mittelalter nicht nur als Betsaal genutzt, sondern auch als Versammlungsraum, als Schule und als Stätte, wo rechtliche Angelegenheiten geklärt wurden. Darüber hinaus war die Synagoge Amtsraum des Rabbiners. An den Wänden entlang läuft ein stark profilierter Sims. Die Pfeiler tragen ein fünfteiliges Gewölbe mit kannelierten Rippen.

In der Mitte des Raumes steht die von einem gotischen Gitter eingeschlossene Rednerbühne (BIMA/ALMENOR) mit einem Pult, auf dem aus der Thorarolle gelesen wird. Diesen Ort benutzt auch der Rabbiner bei seinen Ansprachen an die Gemeinde.

Auf dem verblassten Stoff der darüber hängenden Fahne ist zu lesen: „Herr der Heerscharen, voll ist die Erde seiner Herrlichkeit. Im Jahre 117 k.z.d.W. 1357 verliehen se. Majestät Kaiser Karl IV. den Juden Prags das Privilegium, eine Fahne tragen zu dürfen. Dieselbe wurde unter der Regierung weiland Kaiser Ferdinand erneuert. Durch lange Jahre beschädigt, wurde diese zu Ehren unseres Herr Kaiser Karl VI. – Gott möge seine Herrlichkeit erheben – aus dem Anlass der glücklichen Geburt dessen Sohnes des Erzherzogs Leopold renoviert - möge seine Majestät erhoben sein - Im Jahr Tikon – Ewig bestehe sein Reich - 1716.“

In der Mitte des Davidsterns auf der Fahne ist eine Darstellung des spitzen jüdischen Hutes zu sehen, der traditionellen Kopfbedeckung der Prager Juden im Mittelalter.
Der religiöse Mittelpunkt des Gotteshauses ist der Thoraschrein (der ARON HAKODESCH). Der Schrein ist in die Ostmauer, Richtung Jerusalem, eingelassen. Zwei kleine Renaissancesäulen umrahmen ihn. Rings um den Almemor sind Sitzreihen angebracht, deren Lage und eine gewisse Rangordnung im Leben der Gemeinde eine große Rolle spielen. Die Sitze in der Synagoge wurden gekauft und vererbten sich von Generation zu Generation. Einer der Sitze ist mit der Zahl 1 gekennzeichnet und unterscheidet sich von den anderen Sitzen auch dadurch, daß über ihm an der Wand ein Davidsstern angebracht ist. Hier soll der legendäre Rabbi Löw gesessen haben. Über einem anderen Sitz auf der rechten Seite steht auf einem kleinen Schildchen der Name Tomáš Fritta-Haas, der Gemeindesitz des Sohnes von Bedřich Fritta, der in der Kleinen Festung überlebte, nach dem Tode seiner Eltern in Auschwitz bzw. Theresienstadt von Leo Haas und seiner Frau adoptiert wurde.

Das Hauptschiff war den Männern vorbehalten, für die Frauen wurde nachträglich, erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts, ein Seitengang angebaut, von wo aus die Frauen durch ganz kleine Fenster den Gottesdienst beobachten konnten.

Durch ein kleines an der Ostseite der Synagoge gelegenes Fenster konnte man früher den Sonnenaufgang beobachten, Zeichen für das Morgengebet.
Die Altneusynagoge war von Anfang an ein massiver Steinbau. Er widerstand den mittelalterlichen Pogromen und den Feuersbrünsten. Eine ganze Reihe von bekannten Rabbinern wirkte in dieser Synagoge.

In den Jahren 1883, 1921 – 1926 und 1966 – 1967 wurden Renovierungsarbeiten an der Synagoge durchgeführt, während der Flut im Jahre 2002 wurde sie beschädigt. Noch heute finden Gottesdienste in der Synagoge statt.

Quellen

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    8. Ctibor Rybár , Das jüdische Prag TV Spektrum, , 1991
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    86. Recherche Jürgen Winkel

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