Julius Viel wurde im Frühjahr 2001 von dem kanadischen Professor Lallier beschuldigt, im März oder April 1945 als Untersturmführer der Waffen-SS (Leutnant) an einem Panzergraben zwischen Litoměřice und Theresienstadt sieben Häftlinge des Gestapogefängnisses Kleine Festung Theresienstadt „mutwillig und unter Ausnützung des Rassenhasses der Nationalsozialisten“ erschossen zu haben. Lallier war damals selbst Angehöriger der Waffen–SS und als Junker, Offiziersanwärter, in der Nachrichtenschule der SS in Litoměřice stationiert.
Im Prozeß kommt zur Sprache, daß viele der 1.700 hier arbeitenden Häftlinge von den SS-Bewachern mißhandelt wurden. Weil der Grundwasserspiegel so hoch war, arbeiteten die Häftlinge im tiefen Wasser. Sie gruben mit bloßen Händen, viele fielen vor Erschöpfung ins Wasser und ertranken. Man veranstaltete Schießübungen auf sie, drückte sie mit dem Kopf ins eisige Grundwasser. Anderen Häftlingen rissen die SS-Leute die Mützen vom Kopf und warfen sie weg. Wenn die Häftlinge sie zurückholen wollten, wurden sie „auf der Flucht“ erschossen. Häftlingen wurde mit dem Spaten der Kopf gespalten. Es ist nicht bekannt, wie viele Gefangene ermordet wurden. Es dürften mehr als 700 gewesen sein. Später stellten Ermittler fest, daß die SS-Leute nicht nur aus Rassenhass getötet hätten, sondern auch „ wahllos und aus Langeweile“. Am 24. März 1945 sollen sie deswegen abgezogen worden sein. Das Verfahren gestaltete sich schwierig, weil der Kläger kaum Zeugen nennen konnte, die dies alles belegten.
Julius Viel kam nach Mittlerer Reife und Reichsarbeitsdienst im Jahre 1936 zur SS-Verfügungstruppe. Er nahm an den Feldzügen des Weltkrieges teil, am Polenfeldzug, am Frankreichfeldzug und am Rußlandfeldzug. Im September wurde er verwundet, Bauchschuss im Kampf gegen die Amerikaner. Bis die Stadt zerbombt wurde, war er dann an der Nachrichtenschule in Nürnberg stationiert. Dann kam er nach Linz und von dort nach Litoměřice. Die Zugehörigkeit zur Waffen-SS verschwieg er nach dem Kriege.
Nach dem Krieg verdingte sich Viel als Pferdeknecht. 1948 trat er als Volontär bei der „Stuttgarter Zeitung“ ein und blieb dort bis 1972. Dann wechselte er zur „Schwäbischen Zeitung“. 1984 ging er, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz, in Pension.
Viel war 1999 wegen des Mordes an sieben jüdischen Gefangenen verhaftet worden. Bei den von Viel ermordeten Häftlingen der Kleinen Festung handelt es sich um Gefangene aus der Zelle 46. Es sind : Ladislav Kras, Wilhelm Kaufmann, Victor Schulz, Victor Stern, Josma Baruch, Vlastimil Severin und Robert Friedmann. Am 3. April 2001 hatte ihn das Landgericht Ravensburg zu 12 Jahren Haft verurteilt (ein Ermittlungsverfahren gegen ihn war 1964 bereits einmal eingestellt worden). Viel starb im Februar 2002.