Grimm, Karel

Karel Grimm war als Häftling in Theresienstadt bei der Paketpost beschäftigt. Er schrieb nach der Veröffentlichung des Buches von Patricia Tošnerová über die Post in Theresienstadt am 28. Februar 1996 an das Postmuseum in Prag, in dem er von seinen Erinnerungen berichtete.

„Im Jahre 1943 wurde ich aus Lípa nach Theresienstadt deportiert. Nach etwa drei Tagen kam in die Unterkunft auch ein Häftling aus Lípa und schrie, wer will zum Dienst bei der Theresienstädter Post antreten. Im Geist stellte ich mir das Sortieren von Briefen vor. Die Wirklichkeit war anders. So meldete ich mich. Wir mussten schwere Säcke mit für die Häftlinge des Ghettos Theresienstadt bestimmte Päckchen schleppen. Diese Abteilung war die Paketkontrolle und war unter der Aufsicht der SS. Da einige Häftlinge flüchteten, teilte man die SS zur Bewachung zu, und (bei der Post) wurden sie durch Häftlinge und tschechische Gendarmen ersetzt. Die Päckchen kamen nicht nur aus dem Protektorat, sondern auch aus anderen von den Deutschen besetzten Ländern. In dem Raum (waren) lange Tische rechteckig angeordnet, innen patrouillierten 2-3 Gendarmen, von der anderen Seite standen etwa 10 Ghettohäftlinge. Der Arbeitsvorgang war wie folgt: Ich nahm von dem Haufen ein Päckchen, öffnete es, warf die Konterbande in einen der großen Koffer. Konterbande waren Arzneimittel, Konserven, Salami, Tabakwaren. Diese Schiffskoffer wurden täglich in die SS-Kaserne gebracht. Ich verschloß das Päckchen und bezeichnete es mit der Paraphe „KG“, das Gleiche musste auf meinem Paket der neben mir stehende Untersucher Herr Hausner tun, ich wiederum auf seine Pakete. Eines Tages betranken sich die Gendarmen, deren Leiter Herr Škoda war, der als Ausnahme einen weißen Vollbart trug, da sagten wir uns mit Hausner, die Leute in Theresienstadt hungern, nutzen wir es und lassen die Pakete ohne Kontrolle durchgehen. Das konnte für uns sehr verhängnisvoll werden. Denn einer der Häftlinge, wie er auf der Post sein Paket übernahm, ging zum kommandierenden Gendarmen Herr Škoda und dankte ihm, daß das Paket überhaupt nicht geöffnet worden war. Herr Škoda schaute auf das Paket und sah die Paraphe „KG“. Er ließ uns sofort kommen, nächsten Tag sollten wir auf die Theresienstädter (Kleine) Festung gehen, was den sofortigen Tod bedeutete. Im Gendarmenkasino überredeten andere Gendarmen Herrn Škoda. Nächsten Tag rief er uns und sagte: Das war zum letzten Mal. Er war ein guter Mensch und ein Tscheche. Zu Jahresende wurde ich in einen Transport nach Auschwitz-Birkenau eingereiht, ins Familienlager.“

Quellen

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    775. Patricia Tosnerova , Die Postverbindung zwischen dem Protektorat und dem Ghetto Theresienstadt in: Theresienstädter Studien und Dokumente 2001 Academia-Verlag, , Prag , S. 132.

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