Calmeyer, Hans Georg

Hans Georg Calmeyer wurde 1903 als Sohn eines Richters geboren. Er studierte Jura und ließ sich 1932 als Rechtsanwalt in Osnabrück nieder. Weil er auch Kommunisten verteidigte, wurde er von den Nazis mit einem Jahr Berufsverbot belegt. Später trat Calmeyer dem „NS-Rechtswahrerbund“ und dem „NS-Kraftfahrzeugkorps“ bei. 1938 meldete sich Calmeyer freiwillig zur Luftwaffe und marschierte 1940 mit einer Nachrichtenkompanie in Holland ein. Ein ranghoher NSDAP-Jurist aus Osnabrück holte den Obergefreiten Calmeyer nach Den Haag zum „Reichskommissariat für die Niederlande“. Calmeyer wurde Referent in der Abteilung Inneres und damit Herr über Leben und Tod. Denn ab Januar 1941 mussten sich die niederländischen Juden registrieren lassen.

Calmeyer musste in Zweifelsfällen entscheiden, wer nach den ´Nürnberger Rassegesetzen´ Volljude', ´Halbjude', ´Vierteljude´ usw. war und wer nicht. Tausende von Juden bemühten sich um den Nachweis von ´arischen´ Großeltern und versuchten alles, um ´entsternt´ zu werden. Calmeyer soll nun vielen dieser Juden geholfen haben, indem er gefälschte Unterlagen akzeptierte, selbst Fälschungen anfertigte. Anna Hájková berichtet in ihrem Artikel „Niederländische Juden in Theresienstadt“ („Theresienstädter Studien und Dokumente 2002“), wie er zum Beispiel einer größeren Gruppe von sogenannten „Portugiesen“ half. Andere Zeugnisse gibt es zur Genüge. Unter den Juden sprach es sich herum, daß Calmeyer half und viele sprachen vom „gecalmeyert werden“. Die Tätigkeit Calmeyers ist den Behörden wahrscheinlich bekannt gewesen, schließlich wurden ihm diese Fälle entzogen.

Calmeyer geriet in der neuen Bundesrepublik in Vergessenheit und musste hilflos mitansehen, wie hohe NS-Funktionäre aus dem „Reichskommissariat Holland“ nach dem Krieg in Deutschland Karriere machten. In Yad Vashem ist seine Tätigkeit 1992 gewürdigt worden, die Stadt Osnabrück hat ihn zum Ehrenbürger gemacht. Inzwischen sind jedoch von holländischen Wissenschaftlern Zweifel an seiner Person aufgekommen. Calmeyer starb 1972.

Quellen

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    91. Stern Nr. 6 , 1999

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