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Ungar, Otto

27. November 1901 Brünn – 25. Juli 1945 Weimar

Ungar studierte zwischen 1921 und 1926 an der Prager Akademie, ab 1927 war er am jüdischen Realgymnasium in Brünn als Professor für Zeichnen und Geometrie tätig. Er malte farbige Gouachen, Aquarelle und Pastelle von Landschaften und Porträts. Am 28. Januar 1942 wurden er und seine Familie mit dem =>Transport U von Brünn aus nach Theresienstadt =>deportiert. Im Ghetto war er im Zeichensaal der =>technischen Kanzlei angestellt, wo er sich am illegalen Schaffen beteiligte. Am 17. Juli 1944 wurde er zusammen mit weiteren Künstlern wegen „Greuelpropaganda“ mit seiner Frau Frida und seiner Tochter Zuzana in der =>Kleinen Festung eingekerkert. Hier verstümmelten ihm die Nazis die rechte Hand, damit er nie mehr malen könnte. Einige Monate später wurde er nach Auschwitz =>deportiert und gelangte im Januar 1945 mit einem Todesmarsch nach Buchenwald. Am 25. Juli 1945 starb er im Krankenhaus von Bleikenheim an den Folgen der Strapazen. Quelle: 1003)

„Otto Ungar aus Brunn, geboren 1897, war der eigentliche Maler des Lagers, während die anderen hauptsächlich Zeichner waren. Anfang 1942 hauste er in einem überfüllten Saal von E I und nützte in der eisigen Kälte jeden Augenblick aus, um kleine Szenen und Gesichter zu aquarellieren. Ungar war ein humorvoller Melancholiker. Sein Humor lebte sich mehr im Umgang, seine Melancholie mehr in den Arbeiten aus. In ihm verkörperte sich die Sehnsucht der Gefangenen; sehnsüchtig beobachtete er die Umrisse des nahen Gebirges, das oft den Hintergrund seiner Straßenszenen bildet. Auch seine Schreckensbilder aus Höfen und Elendsquartieren, seine Ansichten der aus ihrer Ruhe gezerrten Winkel und Höfe sind Anklagen eines Elegikers und oft gleichsam Stilleben des Entsetzens. Hat sich in Fritta die Wirklichkeit selbst, in Fleischmann ihre analytische Beobachtung verkörpert, so in Ungar das persönliche Empfinden dieser Wirklichkeit. Ungars menschliche Vollendung verlief besonders tragisch. Auf der Kleinen Festung verkrüppelte man seine rechte Hand. Von hier kam er nach Auschwitz und Buchenwald, wo er mit seiner zerstörten Rechten wieder zu arbeiten begann. Todkrank erlebte er zwar noch die Befreiung, aber die Heimkehr war ihm nicht mehr beschieden“.

[Adler 1960, 615]