Station 19
Hinrichtungsplatz
Hinrichtungen
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Durch einen etwa 800 Meter langen unterirdischen Gang, der früher zu den Wehranlagen der Festung gehörte, erreicht man die Befestigungsgräben im Nordosten des Festung und den Hinrichtungsplatz. Hier befand sich zwischen den Wällen der ehemalige Militärschießstand, der von der Gestapo in der Zeit ab Mai 1943 als Hinrichtungsplatz genutzt wurde. Hier wurden vom Gericht ausgesprochene aber auch willkürliche Hinrichtungen auf Anordnung der Gestapo von dem aus der Wachmannschaft gebildeten Exekutionskommandos durchgeführt. An den Hinrichtungen beteiligten sich auch immer wieder Aufseher des Gefängnisses, deren Angehörige (so Oberst Svoboda) den Hinrichtungen von einem Festungswall aus (dem sogenannten Balkon) zusehen konnten. | Die erste Hinrichtung war die Erschießung des kommunistischen Widerstandskämpfers Frantisek Prokop am 11. Mai 1943. Hingerichtet wurden Einzelpersonen und Gruppen, Angehörige von Widerstandsgruppen, sowjetische Partisanen, Fallschirmspringer westlicher und östlicher Herkunft, politische Gegner und jüdische Häftlinge. Am 4. November 1944 wurden im Zuge der „Sippenhaftung“ neun Verwandte von J. Kužela und J. Matička hingerichtet, die versucht hatten, im Rahmen des slowakischen Volksaufstandes ein Flugzeug zu entführen. An dieser Stelle wurde Dr. Eppstein, der zweite Judenälteste des Ghettos, Ende September 1944 hingerichtet. Nicht selten wurden die zum Tode verurteilten jüdischen Häftlinge vor ihrer Hinrichtung gefoltert. Mit einer Art von Besessenheit meinten die dort Dienst tuenden SS-Angehörigen, sie müssten vor allem den jüdischen Menschen erst noch den ihnen angehängten Makel der Minderwertigkeit spüren lassen.
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Die zum Tode verurteilten Häftlinge wurden an einem als Kugelfang dienenden Sandhaufen vor einer Ziegelmauer aufgestellt. Die Schützen des Exekutionskommandos standen nebeneinander unter einem vor Sonne und Regen schützenden Dach. Mehrere Personen wurden an dieser Stelle im Rahmen der Liquidierung unheilbar Kranker hingerichtet. Viele dieser Hinrichtungen fanden bei Nacht und Nebel statt wie zum Beispiel die Ermordung der in Theresienstadt zurückgebliebenen kranken Bialystoker Kinder, die nächtens aus der Sokol-Halle in die Kleine Festung gebracht worden waren. Nur in einem einzigen Fall ist die Hinrichtung mittels des an einer Abtrennmauer stehenden Galgens durchgeführt worden. Heute wird die Zahl der im Gestapogefängnis hingerichteten Personen auf 250 – 300 geschätzt. Die letzte Hinrichtung fand am 2. Mai 1945 statt. Die Rote Armee stand bereits schon im Zentrum Berlins, Hitler hatte sein Leben im Bunker der Reichskanzlei ein Ende gesetzt, das Dritte Reich war dabei, unterzugehen. Am Vormittag des 2. Mai 1945 kamen Gestapobeamte aus Prag in die Kleine Festung nach Theresienstadt. Auf dem IV. Hof verlasen sie Namen von einer Liste und forderten die aufgerufenen Häftlinge auf, die Zellen zu verlassen und auf den Appellplatz zu kommen. Die Häftlinge waren unsicher. Auf der einen Seite misstrauten sie den Gestapobeamten, auf der anderen Seite wussten sie vom bevorstehenden Ende des Krieges und einige rechneten damit, daß ihre Freilassung bevorstand. Von den Aufgerufenen meldeten sich 49 junge Männer, von denen die meisten der Widerstandsgruppe „Předvoj“ (Vorhut, Vortrupp, Avantgarde) oder der kommunistischen Partei angehörten. Andere blieben in ihren Zellen, meldeten sich nicht und hatten Glück. Denn Aufseher und Gestapoleute wagten sich nicht in die mit Flecktyphus verseuchten und überfüllten Zellen. Die 49 Männer wurden sofort zum Hinrichtungsplatz geführt und dort zusammen mit drei Frauen erschossen. Ihre Leichen wurden im Norden der Festung zwischen den Wällen verscharrt. Die Namen der hier ermordeten Häftlinge sind auf einer Gedenktafel zu lesen, die an zentraler Stelle auf dem Nationalfriedhof steht. |