Lindenbaum, Walter 1907 – 1945 Walter Lindenbaum wurde am 11. Dezember 1907 im 10. Wiener Bezirk als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Seine Jugend verbrachte er in der Leopoldstadt, im 2. Wiener Bezirk, den der Volksmund spöttisch als „Mazzeinsel“ bezeichnete. Erste Bekanntheit erlangte Lindenbaum durch das am 7. Januar 1932 im österreichischen Rundfunk gesendete Hörspiel „ Großstadt“. Lindenbaum, der zahlreiche Beiträge zur sozialdemokratischen Presse lieferte und sich der Sozialdemokratie sehr verbunden fühlte, versuchte mit seiner Lyrik und Skizzen das karge Leben des Großstadtproletariats einzufangen. Walter Lindenbaum engagierte sich in der „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller“, die im Januar 1933 in Wien gegründet wurde und die in vielen Veranstaltungen Position bezog gegen das in Deutschland an die Macht gekommene Naziregime. Im Dezember 1933 heiratete Lindenbaum Rachel Liebling. Nach der Niederlage der österreichischen Arbeiterbewegung im Februar 1934 flüchtete eine Reihe von Mitgliedern der sozialistischen Schriftstellervereinigung ins Ausland. Lindenbaum blieb in Wien. Er versuchte sich mit Reportagen und Wiener Themen finanziell über Wasser zu halten. Er schrieb aktuelle Texte für die Kleinkunstbühne „ Cabaret ABC im Regenbogen“ und fand anerkennende Kritik in der Wiener Presse, wurde jedoch staatspolizeilich bereits überwacht und kommunistischer Umtriebe verdächtigt. Nach der Angliederung Österreichs verschärfte sich die Situation der in Wien lebenden Juden dramatisch. Am 1. April 1943 wurde die Familie Lindenbaum nach Theresienstadt deportiert. In dieser Zwangsgemeinschaft versuchte Lindenbaum durch seine Mitarbeit an kulturellen Aktivitäten seine Leidensgenossen ein wenig aus der drückenden Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit herauszuholen, andererseits aber auch das Elend des Alltags zu dokumentieren. Erschütternd ist das Lied :“ Nimmt der Herr die Suppe?“ über eine alte hungernde Frau. Ehemalige Gefangene erinnern sich an Lindenbaums Texte, an „Wie ich geh und steh, schaufeln Juden Schnee“, „Und die Musik spielt dazu“, „Ein Gerücht geht durch die Stadt“, „Ghettomädel“ und „Das Lied von Theresienstadt“. Am 28. September 1944 wurde Walter Lindenbaum nach Auschwitz deportiert. Seine Frau Rachel und die Tochter Ruth folgten am 6. Oktober und wurden im Gas ermordet. Lindenbaum selbst starb an den Folgen der Strapazen eines Evakuierungstransportes am 20. Februar 1945 im KZ Buchenwald. Das Lied von Theresienstadt Wir sind hier 40.000 Juden,
Und wo wir wohnen, ists nicht helle, Und träumt vom Bett im Kavalett. Die Stadt der Kinder und der Greise, So leben wir, im „Muster“-Ghetto
hausend, Und wird es einmal anders werden, Doch wills das Schicksal anders haben, Erlebe ich die Freiheit nicht,Und werde ich auch hier begraben, Wird weiterleben mein Gedicht. Und wenn die Jahre dann verinnen, Für euch voll sorgenlosen Glücks, Könnt ihr euch einmal dann besinnen, Und denkt an jene Zeit zurück, Dann sing, Oh Bruder, Kamerad, Das Liedchen von Theresienstadt. Quelle: 1116) |