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Rundgang durch das Gestapogefängnis Kleine Festung

 

 Station 36

Die Täter

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Bereits während des Krieges waren die Alliierten übereingekommen, Kriegsverbrecher vor ein internationales Gericht zu stellen oder zur Bestrafung den Staaten zu übergeben, auf deren Hoheitsgebiet sie ihre Verbrechen begangen hatten.

Für die Verhandlungen gegen Kriegsverbrecher und ihre Helfershelfer wurden in der Tschechoslowakei außerordentliche Volksgerichte eingesetzt. Vor diesen Volksgerichten mussten sich der Staatssekretär und spätere Reichsminister K. H. Frank, der stellvertretende Reichsprotektor Kurt Daluege, der Kommandant des Gefängnisses Pankrác in Prag und andere verantworten.

Ein außerordentliches Volksgericht saß in Litoměřice auch zu Gericht über die im Gestapogefängnis Kleine Festung Theresienstadt tätigen Polizei-, Gestapo- und SS-Angehörigen.

Dem Kommandanten des Gestapogefängnisses, Hauptsturmführer Heinrich Jöckl, gelang zunächst die Flucht. In Bayern wurde er von amerikanischen Behörden verhaftet und an die Tschechoslowakei ausgeliefert. Jöckl wurde in Litoměřice vor Gericht gestellt, verurteilt und hingerichtet. Während der Zeit seines Prozesses war er in einer Zelle des I. Hofes inhaftiert.

Von diesem Gericht zu Tode verurteilt und hingerichtet wurden Wilhelm Schmidt (1946 verhaftet, am 12. November 1946 hingerichtet), die Aufseher R. Burian, A. Neubauer und der Leiter des Hinrichtungskommandos L. Lewinsky. Freigesprochen wurde aufgrund von Zeugenaussagen der Aufseher Theodor Hohaus. Der Aufseher Sternkopf wurde nie angeklagt und vor Gericht gestellt.

Der als „Henker von Theresienstadt“ bezeichnete SS-Oberscharführer Stefan Rojko, dem vom Gericht ca. 200 Tötungshandlungen zugeschrieben wurden, lebte zunächst unbehelligt und wurde nicht von Österreich an die Tschechoslowakei ausgeliefert, wo er bereits in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. 1963 in Österreich vor Gericht gestellt, wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt, 1975 entlassen. Die Aufseher Storch und Burian begingen 1945 bzw. 1974 in der Haft Selbstmord. Andere Verbrecher wie H. Mende gingen straffrei aus, obwohl sie bereits 1948 vom außerordentlichen Volksgerichtshof in Litoměřice zum Tode verurteilt worden waren. Im Jahre 1969 wurde der bis dahin unerkannt in der DDR lebende SS-Oberscharführer Kurt Wachholz in der DDR vor Gericht gestellt und hingerichtet.

Anton Malloth , von den Häftlingen als der „schöne Toni“ gefürchtet und verantwortlich für den Tod vieler Häftlinge, wurde 2001 vor Gericht gestellt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte jahrzehntelang unbehelligt in Italien und der Bundesrepublik gelebt.

Im Dezember 2000 wurde der ehemalige SS-Untersturmführer Julius Viel in Ravensburg vor Gericht gestellt und 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte als Angehöriger der SS-Nachrichtenschule in Litoměřice ohne Grund mehrere Häftlinge aus dem Gestapogefängnis Kleine Festung erschossen, die beim Bau von Panzergräben zwischen Theresienstadt und Litoměřice eingesetzt worden waren. Viel, der diese Morde im Prozess bestritt, wurde im April 2001 zu zwölf Jahren Haft verurteilt.